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Annan schickt Marokko in die Wüste

Die Rundreise des Generalsekretärs der Vereinten Nationen durch Nordafrika wird zum Erfolg der für die Unabhängigkeit der Westsahara kämpfenden Polisario  ■ Von Reiner Wandler

Madrid (taz) – „Das Referendum hat begonnen“, stellte Kofi Annan gestern in Algier am Ende seiner Rundreise zum Westsaharakonflikt zufrieden fest. Der UN- Generalsekretär war gekommen, um den ins Stocken geratenen UN- Friedensplan für die seit 1976 von Marokko besetzte ehemalige spanische Kolonie wiederzubeleben. Dabei erwies er sich als hervorragender Schachspieler.

Die Situation schien völlig verfahren: Marokko forderte trotz abgeschlossener Registrierung der Abstimmungsberechtigten die Einschreibung von 65.000 zusätzlichen Wählern aus Südmarokko. Die Annexion des Gebiets wäre damit festgeschrieben. Doch Annan brachte Marokkos König Hassan II. mit einem Kompromißpaket in Zugzwang. Demnach werden die Registrierbüros in den marokkanisch besetzten Gebieten erneut geöffnet, um den 65.000 Personen die Möglichkeit zu geben, sich dort zu melden und ihren Lebenslauf überprüfen zu lassen. Die Liste der bisher für die Abstimmung Zugelassenen wird umgehend veröffentlicht. Bei Streitfällen entscheidet die UNO unter Berücksichtigung der von beiden Konfliktparteien vereinbarten Kriterien. Danach darf nur auf die Wählerlisten, wer beim letzten Zensus der spanischen Kolonialbehörden 1974 erfaßt wurde, wer nachweisen kann, daß er von jeher in der Westsahara gelebt hat und dennoch nicht gezählt wurde, die Nachkommen beider Gruppen sowie Menschen, die zur Kolonialzeit sechs Jahre ununterbrochen im Land gelebt haben oder mit Unterbrechungen zwölf Jahre. Annan ließ den Konfliktparteien nur die Wahl, dem Paket komplett zuzustimmen oder es in seiner Gesamtheit zu verwerfen. Für den zweiten Fall droht die UNO, die in der Region stationierten Blauhelmsoldaten abzuziehen.

Die für die Unabhängigkeit der Westsahara kämpfende Polisario stimmte Annans Paket am Montag zu. Algerien, auf dessen Territorium die Befreiungsbewegung und 160.000 sahrauische Flüchtlinge Zuflucht finden, zog gestern nach. Nur Marokko, das den Vorschlag schon seit Mitte November kennt, bat um Bedenkzeit. Aus gutem Grund. Sobald die vorläufige Wählerliste veröffentlicht wird, sieht es für Marokko schlecht aus. Denn nach Überzeugung der Polisario wird die UNO von den bisher erfaßten 147.350 Personen nur etwa 85.000 als Wähler zulassen, gerade 17.000 mehr, als von den Spaniern erfaßt. Zu gerne hätte Hassan II. deshalb eine pauschale Registrierung der 65.000 Personen gesehen. Seine Rechnung, den Zensus künstlich aufzublähen, um so das Ergebnis zu beeinflussen, geht bei individueller Registrierung der Wahlberechtigten nicht auf.

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