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Koalition rangelt um Bildungsmillionen

■ SPD-Fraktionschef Weber hat den Koalitionspartner in den Haushaltsberatungen kalt erwischt: Er verlangt 30 Millionen Mark mehr für die Schulen. Wo das Geld herkommen soll, ist unklar

Sollen Bremens Schulen deutlich mehr Geld bekommen? Über diese Frage haben sich die Koalitionäre von SPD und CDU während der Beratungen für den Haushalt 1999 in die Haare bekommen. Noch ist nicht geklärt, wie die von der SPD gewünschten 30 Millionen Mark zusätzlich für die Bildung finanziert werden sollen.

Die Kassenwarte der Parteien staunten nicht schlecht im Haushaltsausschuß am Donnerstag. Die Parlamentarier waren gekommen, um gemäß den Vor-Absprachen zwischen SPD und CDU den Etat der Senatorin Bringfriede Kahrs (SPD) für 1999 festzuzurren, die für Schulen, Hochschulen, Sport und Kultur zuständig ist. Wenig überraschend hatte der Grüne Ausschußvorsitzende Dieter Mützelburg den von der Finanzverwaltung vorgelegten Entwurf für den Bildungsbereich als deutlich unterfinanziert bezeichnet. Eine Einschätzung, die auch von vielen in der SPD-Fraktion geteilt wird.

Offizielle Koalitionslinie war aber bis dahin, die Schulen allenfalls mit fünf Millionen Mark für die maroden Mobil-Schulbauten und der vorgezogenen Einstellung von 90 Lehrern 1999 zu bedenken. Während der Sitzung überraschte jedoch SPD-Fraktionschef Christian Weber die Anwesenden mit einem Vorstoß, der Bildungspolitiker erfreut, gestrengen Haushältern aber die Haare zu Berge stehen läßt: Der Bildungsetat, befand Weber, müsse deutlich erhöht werden. Das wird unter der Hand auch von Unionspolitikern nicht bestritten. „Also laßt uns Nägel mit Köpfen machen“, soll Weber gesagt haben.

In Rede steht eine Summe von gut 30 Millionen Mark für Investitionen in den Schulen und für den Ausgleich des laufenden Bildungshaushaltes. Den Geldsegen für die Schulen wollte der SPD-Fraktionsführer mit einem interfraktionellen Antrag durchsetzen. Sein Argument: Auch die Haushalte der Ressorts Justiz und Inneres seien angehoben worden, Justiz um 14,7, Inneres um zehn Millionen Mark.

Die Koalitionspartner von der CDU, sonst von Weber eher einen Harmoniekurs gewohnt, waren konsterniert. Sie unterbrachen die Sitzung. Schließlich einigte man sich, einen Beschluß über den gesamten Kahrs-Etat auf eine Sondersitzung des Haushaltsausschusses am kommenden Mittwoch zu vertagen. Die Woche darauf soll der Haushalt in erster Lesung in der Bürgerschaft beraten werden.

Darum wird jetzt unter Zeitdruck hinter den Kulissen versucht, den Knoten zu zerschlagen. Offiziell redet niemand aus SPD und CDU über das Thema, die Protagonisten aus den Fraktionsspitzen haben ihre Handys abgehängt. Nur Oppositionsführer Mützelburg verkündet genüßlich: „Wir sind zu einem interfraktionellen Antrag bereit“.

Wo aber das Geld herkommen soll, ist offen. Im Finanzressort heißt es, eine Erhöhung der Ausgaben in Finanzsenator Hartmut Perschaus (CDU) Gesamtetat sei ebensowenig drin wie eine geringere Tilgung bremischer Schulden. Weber selbst habe weiteren Verkauf von Landesvermögen ins Gespräch gebracht. Es gehe aber ums Prinzip: Wenn man jetzt Webers Forderung nachgebe, kämen alle anderen und wollten für ihre Bereiche mehr Geld haben. Aber letztlich seien die Parlamentarier der Souverän und könnten entscheiden.

Im Hause Kahrs steht man der Konfliktlage gespalten gegenüber. Man begrüßt zwar, daß Bildung auch bei Finanzpolitikern wieder „In“ ist. Aber: „Das Problem ist die Deckung“, heißt es.

Joachim Fahrun

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