: Preisbrecher mit „Morning Cheer“
US-Konzern Wal Mart schluckt Hamburger Conti-Märkte ■ Von Kai von Appen
Der Preiskampf im Einzelhandel hat zu einem weiteren Konzentrationsprozeß geführt. Die Schenefelder Handelsgruppe „Spar“ trennt sich von bundesweit 74 „Interspar“-Märkten und wirft somit im Bereich der „SB“-Warenhäuser das Handtuch. Die „SB“-Märkte – darunter auch die beiden Hamburger „Continent“-Häuser an der Feldstraße und am Berliner Tor – schluckt der US-Handelsgigant „Wal Mart Stores“ für 1,1 Milliarden Mark.
Der weltweit größte Warenhaus-Konzern sorgte bereits Anfang des Jahres für Schlagzeilen, als er die „Wertkauf“-Kette kaufte und seither unaufhaltsam auf den deutschen Markt drängt. „Für die Beschäftigten bei ,Conti' wird es wohl zunächst keine unmittelbaren Folgen haben“, glaubt Jörg Reinbrecht von der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV). Außer, daß sie sich wohl wie die Wertkauf-MitarbeiterInnen an US-Sitten wie den wöchentlichen „Morning Cheer“ gewöhnen müssen.
Bei Wertkauf in Oststeinbek, dem bislang einzigen Wal-Mart-Haus im Raum Hamburg, mußte sogar nach Angaben Reinbrechts mehr Personal eingestellt werden, um den Kundenansturm auf den „Preisbrecher“-Konzern zu bewältigen. Denn im Mittelpunkt der Wal Mart-Philosophie steht der Kunde. Freundlicher Service, Dumpingpreise, längere Öffnungszeiten und sofortiges Reagieren auf Verbraucherwünsche durch international vernetzte Informationssysteme.
Gegenüber den Geschäftspartnern ist der Konzern weniger freundlich. Da Wal Mart in großen Mengen einkauft, kommt es zur absoluten Knebelung der Lieferanten. Durch die Massenrabatte können die Dumping-Discounter teilweise Produkte zu Preisen anbieten, für die ihre Konkurrenten sie nicht einmal einkaufen können. „Das führt natürlich zu einem weiteren Verdrängungsprozeß von klein- und mittelständischen Unternehmen“, befürchtet Reinbrecht.
Obwohl Spar die Flucht aus dem Bereich der SB-Kaufhäuser angetreten hat, fährt auch die Schenefelder Handelsgruppe ein laut Reinbrecht „knallhartes Konzept“ der Risikoabwälzung und Konzentration. Spar beschränke sich nun auf den Lebensmittelbereich. So übernahm „Eurospar“ in diesem Jahr die Pro-Verbrauchermärkte und versucht nun, seine Läden zu privatisieren. „Das wird mit Sicherheit Arbeitsplätze kosten“, vermutet der HBV-Sprecher.
So sollen die Spar- und Ex-Pro-Märkte in wirtschaftlich selbständige Betriebseinheiten überführt werden, in denen es natürlich keine Betriebsräte gibt. Reinbrecht: „Spar bestimmt aber weiterhin das Sortiment und die Höhe der Provision.“ Läuft der Laden nicht, bleibt dem Marktinhaber nur die Möglichkeit, über die Personalschiene die Kosten zu senken.
Die HBV sieht in dem „Preiskrieg“ die große Gefahr der Monopolisierung. Denn blieben nur noch drei Konzerne übrig, könnten die allein die Preise bestimmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen