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KommentarMittelfristig ratlos

■ Bremen lebt von unseriösen Erträgen

Es gibt eine merkwürdige Differenz zwischen Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung der bremischen Lage. Während man in Hannover erschreckt berechnet, wie „teuer“ eine Alimentierung Bremens würde, wenn Bremen eine Stadt in Niedersachsen wäre, reiht sich in der Hansestadt eine Erfolgsmeldung an die nächste – und das mit System.

Wie selbstverständlich ist zum Beispiel der Schatten-Schuldenturm in dem jährlichen Finanzbericht nicht enthalten, mit dem der Bremer Senat Jahr für Jahr Rechenschaft über den Erfolg der Sanierung mit den Bonner Milliarden-Hilfen ablegt. In der Betrachtung der Bilanz fehlt gleichzeitig, wieviel „Vermögensverzehr“ zu dem Ergebnis beigetragen hat: Bremen hat in den letzten Jahren sicherlich zwei Milliarden Mark an Erlösen aus Eigentumsverkäufen erzielt und ausgegeben, die zu den zwei Milliarden Mark zusätzlicher Schulden im „Schattenhaushalt“ hinzugerechnet werden müssen. Das, was an zusätzlichen Werten durch die „Investitionen“ geschaffen wurde, ist dabei in der Regel unverkäuflich.

Weder Eigentums-Verkauf noch versteckte Schulden-Konten noch Bonner Hilfszahlungen sind aber Quellen, die man dauerhaft anzapfen kann. Jeder seriöse Kaufmann würde sich dafür interessieren, wie die Bilanz ohne die außergewöhnlichen Erträge aussehen würde – um mittelfristig nicht ratlos dazustehen. Klaus Wolschner

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