Schnelle Berufung

■ Bewährungsstrafe für Menschenhändler

Irgendwo zwischen juristischen Mühlsteinen muß der Termin für die Vorführung des Angeklagten verloren gegangen sein. Die für gestern neun Uhr anberaumte Berufungsverhandlung gegen Cumhur K. wurde um halb zehn eröffnet und sofort wieder unterbrochen – weil der Angeklagte fehlte.

Gegen elf könne man ihn bringen, ließ die Vollzugsanstalt verlauten. So etwas dauert, belehrte der Vorsitzende Richter, denn das Personal sei knapp und die Fahrzeuge rar. Entsprechend sparsam wirtschaftete die Strafkammer anschließend: Die Verhandlung, die zunächst so schleppend begonnen hatte, ging in rund einer Stunde über die Bühne.

Wegen Menschenhandels, Zuhälterei und Körperverletzung hatte das Amtsgericht Hamburg im Juni dieses Jahres Cumhur K. zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt. Der heute 29jährige hatte im Februar 1993 mit einer jungen Deutschen angebändelt. Als sie ihn nach einem Streit verlassen wollte, wurde er handgreiflich und drohte, sie auf den Strich zu schicken. Sie blieb. Und wurde mit Cumhur K.s Bruder verheiratet. Zu ihrer Sicherheit, hieß es. Der Angeklagte selbst war bereits verheiratet.

Als sie im sechsten Monat von ihm schwanger war, bot Cumhur K. die junge Frau zum ersten Mal in einem Bordell an. Der Besitzer winkte ab. Und mußte dem geschäftstüchtigen „Lebensgefährten“ erklären, daß es für eine Abtreibung zu spät sei. Nach der Geburt des Sohnes unternahm der Angeklagte den zweiten Versuch: Wenn sie nicht anschaffen ginge, drohte er der Frau, nehme er ihr das Kind weg. Zwei Tage arbeitete sie daraufhin als Prostituierte in einem Club. Dann wurde ihrem Zuhälter das Pflaster dort zu heiß.

Cumhur K. hatte den Sachverhalt bislang bestritten. Seine Berufung beschränkte er gestern auf das Strafmaß, gestand damit die Taten ein und half der Kammer tatkräftig beim Zeitsparen: keine Zeugenvernehmungen, kein zweiter Verhandlungstag und nach zehn Minuten Beratung der Urteilsspruch noch vor dem Mittagessen. Das vom Amtsgericht festgesetzte Strafmaß wurde darin bestätigt, der Rest der Strafe – zehneinhalb Monate saß Cumhur K. bereits in U-Haft – jedoch zur Bewährung ausgesetzt.

Die Entscheidung in einem anderen Verfahren gegen Cumhur K., ebenfalls wegen Zuhälterei, steht noch aus. Stefanie Winter