: ... und die Großen dürfen bleiben
■ Von der Todesstrafe bedroht: Iraner schließt sich dem Hungerstreik von neun Kurden im Abschiebegefängnis Glasmoor an Von Patricia Faller
Der 30jährige Iraner Mohammad M. soll in seine Heimat und damit in den sicheren Tod abgeschoben werden. Der Mann, der 1990 erstmals nach Deutschland eingereist war, hat sich dem Hungerstreik angeschlossen, den neun Kurden am vergangenen Sonntag im Abschiebegefängnis Glasmoor begonnen haben. M. war nach Informationen der GAL wegen Erwerbs und Besitzes von jeweils sechs bis acht Gramm Heroin in drei Fällen zu sieben Monaten Haft verurteilt worden. Deshalb soll er jetzt in seine Heimat ausgewiesen werden. Und das, obwohl der Iran für seine Hardliner-Drogen-Bekämpfungsmethoden bekannt ist, zu denen auch die Todesstrafe gehört.
Das Bundesamt für die Anerkennung von ausländischen Flüchtlingen hatte seinen Asylantrag mit der Begründung abgelehnt, daß „keine unmittelbare Todesgefahr“ für Mohammad M. bestehe. Das Amt bezog sich dabei auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes in Bonn, nach dem die Todesstrafe erst ab einer Menge von 30 Gramm Heroin und mehr verhängt werde. Für weniger gibt es dann halt nur 15 Jahre Folter?
Wie fragwürdig solche Einschätzungen sind, zeigen Berichte von amnesty international: Für die Verfahren wegen Drogenhandels sind die Islamischen Revolutionären Gerichtshöfe zuständig, die in keiner Weise den internationalen Richtlinien für faire Gerichtsverfahren entsprechen.
Vor diesem Hintergrund mutet das Feilschen der Behörden um ein paar Gramm Heroin geradezu zynisch und unmenschlich an. Denn dealt ein Iraner in größerem Stil, wird er in Deutschland geduldet, weil keiner in ein Land ausgewiesen werden darf, in dem sein Leben bedroht ist.
Die Hamburger Ausländerbehörde schiebt die Verantwortung auf das Bundesamt für die Anerkennung von Flüchtlingen. „Das Problem ist, daß wir vollziehen müssen, was das Bundesamt beschlossen hat, ohne daß wir eingreifen können“, sagt der Pressesprecher Norbert Smekal hilflos. Das wiederum will die GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Anna Bruns nicht gelten lassen: „Wir fordern Senator Wrocklage auf, die Abschiebung sofort zu stoppen. Sonst macht er sich zum Handlanger der Henker des Ajatollah-Regimes.“
Derzeit sitzt Mohammad M. zwar noch in Glasmoor und wartet auf den Ausgang seines Asylfolgeverfahrens. Doch in der Regel werden diese Anträge vom Bundesamt nach einer kurzen Prüfung als „nicht erfolgreich“ beschieden, ist die Erfahrung des Anwalts Ernst Medecke, der einige der hungerstreikenden Kurden in Glasmoor vertritt. Wenn keine neuen Asylgründe vorlägen, kann der Flüchtling, ohne noch einmal angehört zu werden, unverzüglich abgeschoben werden.
VertreterInnen des Hamburger Flüchtlingsrats, der Glasmoorgruppe, des Antirassistischen Telefons und des Cafés Exil trafen gestern den Leiter der Ausländerbehörde, Peter Dauer, um mit ihm über den Hungerstreik der Abschiebehäftlinge zu sprechen. Umringt von rund 20 Antirassisten machte er die Zusage, er wolle die Asylanträge der Betroffenen noch einmal überprüfen lassen und je nach Ergebnis Haftentlassungen einleiten.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen