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„Vierzignull gegen Schalke“

Werder-Elf erschreckt ihren Trainer Felix Magath  ■ Von Jutta Schöpp

Intriganten muß man immer gut im Auge behalten. Eine alte Erkenntnis aus der allgemeinen Mobbinglehre – und hätte Werder diese Erkenntnis schon ausreichend ver-innerlicht, dann hätte Stuttgarts Fredi Bobic am Samstag nie und nimmer die Chance gehabt, in der 69. Minute das endgültige „Zweizuzwei“ zu erzielen.

Aber so weit ist Werder noch nicht. Das mußte auch Trainer Felix Magath in der Pressekonferenz enttäuscht feststellen: „Ich dachte, die Zeiten sind vorbei.“ 45 Minuten lang erklärte die Werder-Elf dem treuen Publikum noch einmal, warum in dieser Saison ein Trainerwechsel dringend vonnöten war. Ohne eine Vorstellung von den eigenen Fähigkeiten, überließ man den Stuttgartern das Spiel, tanzte Torwart Rost kurzfristig den Ollie-Reck-Quick-Step, und prägten sich Werders zuletzt so sichere Abwehrrecken lediglich die Rückennummern ihrer Gegenspieler ein. Kurz: Man spielte wie unter Ex-Trainer Wolfgang Sidka.

Eine Warnung in Richtung Magath: Felix, treib es nicht zu doll mit uns, wir können auch anders? Nein, eine Warnung sicher nicht. Nur die Erkenntnis, daß grundlegende Veränderungen in der Tat länger dauern, eben weil viele der Mittel, die den Erfolg sichern, nicht erlaubt sind. Zum Beispiel in der Halbzeit zehn Spieler auszuwechseln. Also wechselte Magath nur Roembiak für Maximow, also einen Niederländer für einen Russen ein. Ansonsten kam Rost für Rost, Trares für Trares, Benken für Benken undsoweiterundsofort.Und trotzdem zeigte Werder plötzlich: Wir können auch anders. Fünf Minuten brauchte man, um mit einem fulminanten 16-Meter-Schuß ins kurze Eck (62. Minute, Trares – bravo!) und einem feinen Kopfball (65. Minute, Bode – bravissimo!) sich die Führung zu sichern.

Wäre Werder schon da, wo Felix Magath das Team gerne hätte, dann hätte man diesen Vorsprung länger als vier Minuten gehalten. Aber dafür fehlen noch etwas mehr Selbstbewußtsein und vor allem mehr Kräfte im Mittelfeld, die das Spielgeschehen dauerhafter in Richtung gegnerisches Tor verlagern können. Ein richtig gesunder Andreas Herzog wäre schon eine große Hilfe, und wenn man Dieter Eilts klonen könnte, dann wäre die Zielsetzung UEFA-Cup nicht unrealistisch.

So darf Felix Magath mit den bisher erreichten 20 Punkten durchaus zufrieden sein, denn 14 davon wurden unter seiner Regentschaft erwirtschaftet. Nun hat er uns angekündigt: „Im neuen Jahr wollen wir besseren Fußball spielen.“ Das Versprechen ist nicht so schwer einzulösen, und alle die, die immer noch wacker ihr Märklein ins Weser-Stadion tragen, haben dies auch verdient!

Ach, das wäre doch mal ein Erlebnis: Ein herrlicher Frühlingsabend, noch laue 20 Grad, Menschen mit strahlenden Gesichtern verlassen das Stadion. „Mensch, hast du gesehen, wie der Bogdanovic das Ding auf Ailton abgelegt hat ... und der Kopfball von Todt und dieser Heber von Bode und die alte Frau Eilts ... wieder mal überirdisch ... und Brasas todsicher, der fängt einfach alles ... Vierzignull gegen Schalke, komm, darauf trinken wir noch einen.“

Jutta Schöpp ist seit 40 Jahren Werderbeobachterin und im wirklichen Leben Leiterin des Jugendfreizeitheims Findorff.

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