Portrait: Tugend- und Finanzwächter
■ Alan G. Hevesi
Der Mann ist mächtig. Vor ihm zittern Banken und Konzerne, die New Yorker Polizei, die Schulbehörde der Bronx und sogar das amerikanische State Department. Zur Zeit legt er sich mit der Deutschen Bank an. Deren Fusionspläne mit Bankers Trust könnte er zum Wackeln bringen, wenn die Deutsche Bank nicht ihre Archive auf geraubte Konten von Holocaustopfern durchgeht.
Sein Name ist Alan G. Hevesi, und sein Amt nimmt sich zunächst ganz unscheinbar aus. Er ist Stadtkämmerer von New York City. Seine Aufgabe ist es, über das Finanzgebaren der Stadt zu wachen und den städtischen Pensionsfonds zu verwalten. In großen Städten wird viel Geld ausgegeben und verwaltet, und wo viel Geld ist, sind auch Korruption und Macht.
International bekannt wurde Hevesi, als er Schweizer Banken androhte, die Pensionsfonds der Stadt anderswo anzulegen, wenn sie sich bei der Restitution sogenannter herrenloser Vermögen nicht williger zeigten. Stuart Eizenstat, der Mann, der im State Department die Sache mit dem Geld und Gold der Schweizer Banken erforscht hatte und möglichst ohne Schaden für die amerikanisch-schweizerischen Beziehungen lösen wollte, war entsetzt. Das sei private Außenpolitik.
Hevesi macht noch ganz anderes. 1994 tauchte er in Belfast auf einer Aktionärsversammlung des Energiekonzerns British Gas auf, dem er vorwarf in Nordirland hauptsächlich Protestanten und kaum Katholiken zu beschäftigen. Von den 58 Milliarden Dollar des New Yorker Pensionsfonds hatte Hevesi einen Teil in die British Gas investiert.
In seinem Amt ist eine dreiköpfige Abteilung damit beschäftigt, alle Geldanlagen der Stadt anhand eines zwölfseitigen Richtlinienpapiers für ethische Investitionen zu überprüfen. Zu Hevesis Prinzipien gehört auch die Durchsetzung des Verbots von Kinderarbeit und von Umweltstandards.
Ein Schelm, der den Mann verdächtigt, er wolle sich im ethnisch fraktionierten New York nur jeweils die jüdischen und irischen Wählerstimmen sichern. Im Jahr 2001 läuft sowohl seine als auch die Amtszeit von Bürgermeister Giuliani aus. Beide können in ihre Ämter nicht wiedergewählt werden. Was liegt da näher, als daß Hevesi selbst Bürgermeister von New York werden will? Peter Tautfest
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