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EU-Parlament will Schonfrist für Ozonkiller verlängern

■ Das hochgiftige Methylbromid soll bis 2005 auf den Feldern verteilt werden. EU-Kommission will Ende für 2001

Berlin (taz) – Das Europäische Parlament (EP) will die Produktion und die Anwendung eines hochgiftigen und die Ozonschicht extrem schädigenden Stoffes länger als geplant erlauben. Das Pestizid Methylbromid soll nicht zum 1.Januar 2001, sondern erst zum 1.Januar 2005 allgemein verboten werden. Das sieht ein Antrag der sozialdemokratischen und konservativen Fraktionen vor, der heute im Parlament diskutiert und morgen abgestimmt werden soll. Damit weicht das Parlament die Haltung der EU-Kommission auf, die den Ozonkiller so schnell wie möglich aus den Ländern der EU verbannen will.

Der Änderungsantrag der Mehrheitsfraktionen im EP sieht zwar das generelle Ende der Produktion für 2001, aber weitreichende Ausnahmen vom Produktionsverbot vor. So soll die Verwendung in der EU weiterhin erlaubt sein, wenn die „klimatischen Bedingungen“ eines EU-Landes den Einsatz von alternativen Chemikalien nicht zulassen. Das kommt besonders den EU-Südstaaten entgegen, wo laut einem Bericht der EU-Kommission in den vergangenen Jahren der Verbrauch des Pestizids stark zugenommen hat. Allein Italien verspritzt die Hälfte des EU-Verbrauchs von jährlich etwa 12.000 Tonnen auf seinen Erdbeer- und Gurkenfeldern.

Im Gegensatz zum Vorschlag des Parlaments plädiert die EU-Kommission für ein schnelles Ende der Verwendung des Ozonkillers im Jahr 2001. In dem Bericht vom August erinnert die Kommission daran, daß die UN-Umweltorganisation Unep 1994 bei der Konkretisierung des Montrealer Protokolls zum Schutz der Ozonschicht gemahnt hatte, bis zum Jahr 2001 aus der Produktion und Verwendung von Methylbromid auszusteigen. Das Ende des Pestizids galt für die Unep als „wichtigster zusätzlicher Schritt gegen die Zerstörung der Ozonschicht in den nächsten Jahrzehnten“. Die Kommission erinnert daran, daß die EU sich verpflichtet hat, den Einsatz von Methylbromid zu begrenzen und „so schnell wie möglich“ aus der Anwendung auszusteigen. Neben den USA haben sich auch Staaten wie Kanada, die Niederlande, Deutschland oder Dänemark auf das Ende des Stoffes im Jahr 2001 festgelegt.

Methylbromid gilt als „extrem effizientes Breitbandpestizid“. Die Weltgesundheitsorganisation hat es als „hochgiftig“ eingestuft, weil es am Boden alle lebendigen Organismen tötet. Das Gas greift die Ozonschicht stark an und gilt als „50mal wirksamer als Chlor bei der Zerstörung der Ozonschicht“. Die EU-Kommission weist weiter darauf hin, daß die schädliche UV-Strahlung über Europa in den letzten zehn Jahren um zwei Prozent jährlich zugenommen hat. Auch entstünde der Landwirtschaft durch den Ausstieg und Ausnahmeregelungen kein Schaden.

„Es wäre eine Schande, wenn das Parlament den Vorschlag der EU-Kommission zugunsten kurzsichtiger Lobbyinteressen verwässern würde“, erklärte die grüne Europaabgeordnete Hiltrud Breyer zum Vorschlag des EP und rief das Parlament auf, den „hanebüchenen Antrag“ abzulehnen. Bernhard Pötter

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