: „Fischer und Volmer sollten nichts beschönigen“
■ Der bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele kritisiert den US-Angriff auf den Irak
taz: Herr Ströbele, ist der Militärschlag der USA und Großbritanniens durch internationales Recht gedeckt?
Christian Ströbele: Nein, es handelt sich um einen völkerrechtswidrigen, kriegerischen Akt, der durch kein Mandat der Vereinten Nationen gedeckt ist. Selbst wenn der irakische Diktator Saddam Hussein provoziert und eine Zusammenarbeit mit den UN-Inspektoren verweigert haben sollte, auch dann ist dieser Angriff als völlig unverhältnismäßige Reaktion nicht zu rechtfertigen. Ich bin der Meinung, Prestigedenken und die bekannten Probleme des US-Präsidenten zu Hause dürfen nicht zu solchen kriegerischen Handlungen führen.
Im Gegensatz zu Ihnen erklärt Ihr Koalitionspartner in Bonn, daß der Militärschlag berechtigt ist. Verteidigungsminister Rudolf Scharping behauptet, Hussein selbst habe die Bombardierungen zu verantworten.
Mir ist dafür keine Rechtsgrundlage bekannt. Die bisher erlassenen Resolutionen der UNO geben eine solche nicht her. Und in der Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates in der Nacht auf Donnerstag ist keine Mehrheit für eine solche Aktion zustande gekommen. Der Rat wurde vorher nicht einmal konsultiert und nicht einmal ausreichend und rechtzeitig informiert.
Bündnis 90/Die Grünen stellen in der Koalition mit Joschka Fischer den Außenminister und mit Ludger Volmer einen Staatsminister im Auswärtigen Amt. Welche Haltung sollten die beiden Ihres Erachtens einnehmen?
Sie sollten das klug analysieren, sich diplomatisch ausdrücken, aber nichts beschönigen. Die deutsche Politik muß darauf drängen, daß die UNO endlich in die Lage versetzt wird, Überwachungsmaßnahmen wie die im Irak mit eigenen Mitteln und unter eigenem Kommando sowohl zu sichern als auch durchzusetzen.
Droht jetzt in der Koalition nach dem Konflikt um den Atomausstieg auch ein Streit um die Außenpolitik?
Ich sehe im Augenblick keine Notwendigkeit für Entscheidungen der Bundesregierung oder des Bundestages. Wenn aber die USA die Deutschen auffordern würden, sich an solchen Maßnahmen zu beteiligen, dann müßten wir natürlich sehr ernsthaft darüber diskutieren.
Der Landesverband Ihrer Partei in Berlin ruft zu einer Demonstration gegen die Militäraktion auf. Unterstützen Sie diesen Aufruf?
Ja, ich werde nachher an der Demonstration teilnehmen. Interview: Wolfgang Gast, Bonn
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen