: Tote und Verletzte bei dem Angriff auf Bagdad
■ US-Verteidigungsminister Cohen droht mit weiteren Militärschlägen in den nächsten Tagen
Um 0.49 Uhr Ortszeit wurden die vier Millionen Einwohner von Bagdad gestern von den ersten schweren Explosionen überrascht. In fünf Angriffswellen starteten die USA und Großbritannien den umfassendsten Angriff auf den Irak seit dem Golfkrieg 1991, ohne dafür den Rückhalt des UN-Sicherheitsrates zu haben. Mehrere hundert Marschflugkörper wurden auf nicht näher benannte Ziele im Irak abgefeuert. In Bagdad war zweimal irakisches Luftabwehrfeuer zu hören.
Mehrere Raketen explodierten Augenzeugen zufolge im Zentrum der irakischen Hauptstadt. Offizielle Angaben über die Zahl der Opfer und die Angriffsziele lagen gestern nicht vor. Informationen der Gesundheitsdienste in Bagdad zufolge wurden mindestens fünf Menschen getötet, darunter zwei Mädchen im Alter von zwei und vier Jahren, und etwa dreißig Menschen verletzt.
Nach den Worten des deutschen Leiters des UN-Hilfsprogramms in Bagdad, Hans von Spoek, geriet eine Zentrale des irakischen Sicherheitsapparats unter Beschuß. Anderen Augenzeugen zufolge gingen Teile des Präsidentenpalastes von Saddam Hussein in Flammen auf.
Im Stadtteil Radwanija soll ein Militärkomplex getroffen worden sein. In der vornehmen Wohngegend Karrada riß eine Bombe einen Krater in eine Straße und zerstörte die Hauptwasserleitung. Einem Bericht von Radio Bagdad zufolge wurde das Haus von Saddam Husseins Tochter Hala von einer Rakete getroffen. Hala habe das Gebäude jedoch vor dem Angriff verlassen, hieß es. Laut Angaben aus Teheran ist möglicherweise auch eine Rakete im Südiran eingeschlagen.
Anders als während des Golfkrieges gab es diesmal in Bagdad keine Verdunkelung. Nach der Entwarnung durch die Sirenen um 5.20 Uhr morgens nahm das Leben seinen gewohnten Gang. Geschäfte, Restaurants, Schulen und Behörden waren geöffnet.
Saddam Hussein bezeichnete die USA und Großbritannien in einer Radioansprache als Feiglinge, weil sie nicht von Angesicht zu Angesicht kämpften. „Unser großes Volk und unsere mutigen bewaffneten Kräfte leisten Widerstand und bekämpfen sie“, sagte der irakische Staatschef. „Bekämpft die Feinde Gottes, der (arabischen) Nation und der Menschheit! Gott wird dafür sorgen, daß ihr siegt, während sie nichts außer Scham gewinnen werden.“
Nach Worten von US-Verteidigungsminister William Cohen wurde der Angriff auf den Irak erfolgreich und ohne eigene Verluste abgeschlossen. Cohen kündigte an, die „Operation Wüstenfuchs“ werde „so lange wie nötig“ fortgesetzt, möglicherweise auch über den Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan am Samstag hinaus. Anlaß für den Angriff war der jüngste Bericht von UN-Chefinspektor Richard Butler über neue Beschränkungen bei den Rüstungskontrollen durch den Irak. Beate Seel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen