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„Auf den Tag ohne Saddam Hussein hinarbeiten“

■ Im Wortlaut: Auszüge der Fernsehansprache von US-Präsident Bill Clinton vom Mittwoch abend

„Ich habe heute die amerikanischen Streitkräfte angewiesen, militärische und sicherheitsrelevante Ziele in Irak anzugreifen. Sie werden von britischen Streitkräften unterstützt. Ihre Aufgabe ist es, die nuklearen, chemischen und biologischen Waffenprogramme Iraks und seine militärischen Fähigkeiten zur Bedrohung seiner Nachbarn anzugreifen. Ihr Ziel ist es, das nationale Interesse der Vereinigten Staaten zu schützen und auch die Interessen der Menschen überall im Nahen Osten und in der Welt. Saddam Hussein darf es nicht erlaubt sein, seine Nachbarn oder die Welt mit Atomwaffen, Giftgas oder biologischen Waffen zu bedrohen. (...)

Vor sechs Wochen hat Saddam Hussein erklärt, daß er nicht mehr mit den Waffeninspektoren der Vereinten Nationen, Unscom genannt, zusammenarbeiten wird. (...) Angesichts dieses jüngsten Akts der Herausforderung durch Saddam Ende Oktober setzten wir Irak unter intensiven diplomatischen Druck, unterstützt von einer überwältigenden Militärmacht in der Region. (...) Als Saddam immer noch nicht den Verpflichtungen nachkam, bereiteten wir uns darauf vor, militärisch zu handeln. Erst im letzten möglichen Moment gab Irak nach. (...)

Nun, in den vergangenen drei Wochen, haben die UN-Waffeninspektoren ihren Plan ausgeführt, die irakische Zusammenarbeit auf die Probe zu stellen. Die Testphase endete an diesem Wochenende, und am vergangenen Abend berichtete der Unscom-Vorsitzende Richard Butler UN-Generalsekretär Annan über die Ergebnisse. Die Schlußfolgerungen sind klar, ernüchternd und zutiefst verstörend. (...)

Und so mußten wir handeln. Lassen Sie mich die Gründe erklären. Erstens wäre Irak ohne ein System entschlossener Inspektionen frei, seine chemischen, biologischen und nuklearen Waffenprogramme zu behalten und nicht in Jahren, sondern in Monaten wiederzuerrichten. Zweitens würde Saddam schlußfolgern, daß die internationale Gemeinschaft, angeführt von den Vereinigten Staaten, einfach ihren Willen verloren hätte, wenn er das Waffeninspektionssystem lähmen und es loswerden kann. Er wird vermuten, daß er freie Hand hat, sein Zerstörungsarsenal wiederaufzubauen, und eines Tages wird er es ohne Frage wieder einsetzen, wie er es in der Vergangenheit getan hat. Drittens habe ich Saddam nicht eine Lizenz, sondern eine Chance gegeben, als wir unsere Luftangriffe im November absagten. Wenn wir seinem Widerstand den Rücken zukehren, wird die Glaubwürdigkeit der US-Macht als Gegengewicht zu Saddam zerstört. (...)

Wir handelten heute, weil eine rasche Antwort nach dem Urteil meiner Militärberater am meisten überraschend ist und Saddam am wenigsten Gelegenheit gibt, sich vorzubereiten. (...) Auch beginnt an diesem Wochenende der den Moslems heilige Monat Ramadan. Die Einleitung einer Militäraktion im Ramadan würde für die islamische Welt zutiefst verletzend sein und würde deswegen unseren Beziehungen zu arabischen Staaten und den im Nahen Osten erreichten Fortschritten schaden. (...)

Ich hoffe, daß Saddam jetzt zur Zusammenarbeit mit dem Inspektionssystem gelangt und die maßgeblichen Resolutionen des UN- Sicherheitsrats erfüllt. Aber wir müssen darauf vorbereitet sein, daß er es nicht tut, und wir müssen der von ihm ausgehenden sehr realen Gefahr begegnen. Deshalb werden wir eine langfristige Strategie zur Eindämmung Iraks und seiner Massenvernichtungswaffen verfolgen und auf den Tag hinarbeiten, an dem Irak eine seines Volkes würdige Regierung hat. (...)

Saddam Hussein und die anderen Feinde des Friedens haben vielleicht geglaubt, daß die gegenwärtige ernste Debatte im Repräsentantenhaus die Amerikaner ablenken oder unsere Entschlossenheit schwächen würde, ihm zu begegnen. Aber einmal mehr haben die Vereinigten Staaten bewiesen, daß wir Gewalt einsetzen, wenn wir im lebenswichtigen Interesse Amerikas handeln müssen. (...)“

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