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Wer schläft, sündigt

■ Das Uraufführungstheater und das Theater Neuen Typs wollen sich nach dem Wegfall der Basisförderung zusammenschließen

Es ist längst entschieden, daß die beiden renommiertesten Zusammenschlüsse von jungen Theatermachern in Berlin, das Uraufführungstheater (UAT) und das Theater Neuen Typs (TNT), vom Senat im nächsten Jahr keine Basisförderung bekommen werden. Doch der Berliner Staatssekretär für Kultur, von Pufendorf, tönt noch immer, daß zeitgenössische Autoren gespielt und gefördert werden müssen. Und er erwähnt auch jenen Gutachter Stoltzenberg noch mal, der dies vor ein paar Monaten gefordert hatte.

Damals ging ein Aufschrei durch die Szene, wo sich jahrelang immer die gleichen an den Subventionstöpfen ausgeruht hatten. Aber es gab auch Aufbruchstimmung. Ebenjene zeitgenössischen Autoren, jungen Regisseure und Schauspieler, die sich vom Stoltzenberg-Gutachten angesprochen und ermutigt fühlten, traten verstärkt mit Veranstaltungen an die Öffentlichkeit. Veranstaltungen übrigens, die eine Menge Zuschauer anzogen.

Da war eben das „Uraufführungstheater“ (UAT) um den Dramatiker Oliver Bukowski mit vierzehntägigen Sonntagsmatineen in der Vagantenbühne oder die Autorenvereinigung „Theater Neuen Typs“ (TNT), zu der u.a. Simone Schneider, Moritz Rinke, Alexej Schipenko, Theresia Walser und Thomas Oberender gehören, mit zehn lunatischen Lesungen im Rennaissance-Theater. Präsentiert wurden neue zeitgenössische Stücke. Präsentiert wurde aber auch ein neues Konzept: Plädoyer für ein Theater, dessen Impuls vom Schreiben ausgeht; Theater als permanente Entwicklungsstätte für Texte, die in Zusammenarbeit von Autor, Regisseur und Schauspielern entstehen sollen und in Aufführungen dann gleich auf ihre Bühnenwirksamkeit untersucht werden können.

Ein Konzept, das sich von der gängigen Praxis an Staats- und Stadttheatern immer noch stark unterscheidet. Sowohl Simone Schneider als auch Oliver Bukowski, beide erfolgreiche Nachwuchsdramatiker und Dozenten im Studiengang „Szenisches Schreiben“ an der HdK, beklagen den mangelnden Kontakt junger Autoren zum Theater.

Zu den herausragenden Texten, die im Laufe des Herbstes in der Vagantenbühne gelesen wurden, gehörte „Spalter“ von Andreas Laudert, eine ebenso präzise wie packende Beschreibung des Lebensgefühls der herangewachsenen Kinder von 1968. Die Vollmondlesungen des TNT im Renaissance-Theater präsentierten u.a. Daniel Calls Stück „Das Einvernehmen“, das den Förderpreis des Goethe-Instituts bekam.

Die Arbeit dieser beiden Organistionen ist nun gefährdet. Ohne Geld ist man kaum noch arbeitsfähig. Es wird nun über einen Zusammenschluß oder zumindest eine Kooperation von UAT und TNT diskutiert. Als Dritter im Bunde könnte noch die „Bühne im Zentrum“ dazukommen, ein weiterer Zusammenschluß von Theatermachern, der mehr auf europäischer Ebene operieren will. Partner ist unter anderen das „Traverse Theatre“ in Edinburgh, wo gerade ein von der EU gefördertes Theaterfestival für europäische Gegenwartsdramatik stattfand, an dem auch Oliver Bukowski teilgenommen hat. All dies wird unserem Kultursenat wahrscheinlich wenig sagen. Da hört man immer dieselben Namen, dreht sich immer das gleiche Personenkarussell. Sonst wären die Gelder anders verteilt worden.

Aber ohne Geld läuft wenig. Auch Sponsoren brauchen die Sicherheit eines staatlichen Rahmens. Und während die Londoner Talentschmiede „Royal Court Theatre“, die übrigens auch vom Staat finanziert wird, in Europa Triumphe feiert, hat man hierzulande schon wieder einen Trend verpaßt. Es kann halt nur träumen, wer schläft. Esther Slevogt

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