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Anti-Gewalt-Zentrale soll im Frühjahr öffnen

■ Runder Tisch des Berliner Interventionsprojektes gegen häusliche Gewalt kündigt eine rund um die Uhr besetzte Hotline für Betroffene an. Stahmer: Projekt richtet sich nicht gegen Männer

Wenn alles nach Plan läuft, wird im April 1999 die bundesweit erste „Interventionszentrale gegen häusliche Gewalt“ ihre Türen in Berlin öffnen. Über eine rund um die Uhr besetzte Hotline sollen dort Betroffene, die von ihren Partnern oder Familienmitgliedern mißhandelt wurden, Hilfe erhalten. Das künftige Beratungsangebot steht außerdem auch NachbarInnen, LehrerInnen und BehördenmitarbeiterInnen offen. „Die Nummer der Hotline soll einen ähnlichen Bekanntheitsgrad erlangen wie die polizeiliche Notrufnummer“, hofft Birgit Schweikert, Koordinatorin beim Projektträger „Berliner Interventionsprojekt gegen Gewalt“ (BIG).

Am Runden Tisch des 1994 gegründeten BIG, des zweiten in der Hauptphase des Projektes, saßen gestern Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD), ihre Berliner Amtsnachfolgerin als Frauensenatorin, Gabriele Schöttler (SPD), Jugendsenatorin Ingrid Stahmer (SPD), Justizsenator Ehrhart Körting (SPD) und Innenstaatssekretär Kuno Böse (CDU) zusammen. Es ging, wie schon bei früheren Runden, um die Vernetzung der Behördenarbeit. Niemand aus der hochkarätigen Runde wollte bei der anschließenden Pressekonferenz die Gelegenheit verstreichen lassen, nochmals und nochmals für die gute Zusammenarbeit zu danken. Gemessen daran, muß es um die alltägliche Koordination zwischen den Senatsverwaltungen wahrlich grauenhaft stehen.

Das zu 60 Prozent von ihrem Bundesministerium finanzierte Projekt habe schon sehr viel erreicht, lobte denn auch Christine Bergmann. Im nächsten Jahr solle das lange geplante soziale Trainingsprogramm für Täter nun endlich anlaufen. Voraussetzung ist, daß der Täter von einem Berliner Gericht im Rahmen einer Bewährungsauflage zur Teilnahme verdonnert wurde.

Neue Töne waren von der Innenverwaltung zu hören. Die Gewalt sei ein Produkt der „Ungleichheit zwischen Frau und Mann“, so Staatssekretär Böse. Die Mitarbeit bei BIG habe ihm deutlich gemacht, wie verbreitet das Delikt häusliche Gewalt sei. In einer von BIG angeregten Datenerhebung über drei Monate in der Polizeidirektion 7 seien 526 Einsätze gegen häusliche Gewalttäter gezählt worden, also fünf bis sechs pro Tag allein im Bereich Hellersdorf/Prenzlauer Berg. Nun seien bei der Polizei Fortbildungsmaßnahmen eingeführt worden, „bei sehr vielen männlichen Mitarbeitern der Polizeibehörde“ habe „ein Umdenken“ eingesetzt.

Der Großteil der männlichen Journalisten interessierte sich jedoch besonders für die Frage, was denn mit den Männern geschehe, die von Frauen mißhandelt würden. Denen stünden die gleichen Wege offen, antwortete Ingrid Stahmer. Überhaupt, so die Senatorin mit ihrer unnachahmlichen Allen-wohl-und-niemand-wehe- Art, sei das Projekt keinesfalls „gegen Männer gerichtet“. Kommentar der Bundesministerin: ein stiller Augenaufschlag gen Himmel. Ute Scheub

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