piwik no script img

Frischer Wind oder Kommerz?

■ Hamburgs Museumsdirektoren sind verhalten optimistisch

Für eine Jahrhundertreform hält Kunsthallendirektor Uwe M. Schneede die Verselbständigung der Museen. Als eine Pionierleistung, die bundesweit mit Sicherheit Nachahmung finden wird, klassifiziert Kultursenatorin Christina Weiss das neue Regelwerk und sieht sich darin bestätigt, weil es nach den Unterlagen des Veränderungsprozesses eine rege Nachfrage anderer Museen und Behörden gibt.

Grundsätzlich optimistisch ist der schon bisher mit dem größten Spendenaufkommen gesegnete Leiter des Museums für Kunst und Gewerbe, Wilhelm Hornbostel. Er sieht eine Fülle von Chancen, stärkere Mobilität und frischen Wind – die Probleme der Erprobungsphase, meint er, könnten mit dem Einfallsreichtum der Mitarbeiter überwunden werden.

Jörgen Bracker hingegen findet die derzeit sichtbar werdende politische Gewichtung absurd: Sein Museum für Hamburgische Geschichte, immerhin Deutschlands größte stadtgeschichtliche Sammlung, wird im Vergleich zu Kunsthalle und Museum für Kunst und Gewerbe neuerdings zu den „kleineren“ Häusern gezählt, zusammen mit den anderen kulturgeschichtlichen Museen. Fast alle davon haben einen Rückstand an Investitionen, seien es die Bausubstanz oder die Magazine. „Im Augenblick, wo es nach vorn gehen muß, macht sich bemerkbar, daß diese Häuser bisher zu wenig bekommen haben“, moniert der Hausherr des Schumacher-Baus am Holstenwall, dem Hunderttausende von Mark für die Sanierung der Sprossenfenster fehlen. Außerdem sieht Jörgen Bracker eine schwierige Übergangszeit: Da erst im März über die Anstellungen der neuen Geschäftsführer entschieden wird, befürchtet er, daß sich die positiven Auswirkungen sehr verzögern werden.

Die Angst vor zu großer Kommerzialisierung formuliert keiner der befragten Direktoren. Dabei gibt es schon jetzt Ausstellungen, die mit populären Malern wie Chagall locken, ohne daß damit irgendwelche neuen, gar wissenschaftlichen Erkenntnisse gewonnen würden.

„Nicht Privatisierung und Kommerzialisierung sind das Ziel der Reform, sondern eine Selbständigkeit, die es den Museen erlaubt, ihre traditionellen Kultur- und Bildungsaufgaben noch attraktiver zu erfüllen, mit unternehmerischem Geist und im Sinne des Publikums“, so Kultursenatorin Weiss. Hoffen wir's. Hajo Schiff

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen