■ Chinas Führung geht hart gegen unliebsame Publikationen vor: Lektionen für den Westen
Die chinesische Führung geht nicht nur massiv gegen die Gründer einer unabhängigen Partei vor, die das Herrschaftsmonopol der Kommunisten herausfordern wollten, sondern auch gegen jene, die kritische Gedanken verbreiten. Vergangene Woche wurden drei Parteigründer zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt, gestern wurde bekannt, daß 18 Personen verurteilt wurden, die „illegale“ Publikationen verbreitet haben sollen. Dies berichtete die Volkszeitung. Man will offenbar demonstrieren, daß Jiang Zemins kürzlich verkündete harte Linie gegen jede Form von Opposition umgesetzt wird. Chinas Führung hat angesichts steigender Arbeitslosigkeit und der 1999 anstehenden heiklen Termine – der 10. Jahrestag des Tiananmen-Massakers und der 50. Geburtstag der Volksrepublik stehen an – Angst vor Protesten.
Das Vorgehen der Führung zeigt auch, daß sie die Proteste westlicher Regierungen nicht ernst nimmt. Am Tag vor Weihnachten hatten die 15 EU-Botschafter gemeinsam mit denen der USA, Kanadas und Norwegens beim chinesischen Außenministerium gegen die Urteile protestiert. Wer im Westen auf eine Liberalisierung in China gehofft hatte und die Urteile gegen die Parteigründer noch für bedauernswerte Einzelfälle hielt, wurde eines Besseren belehrt. Endgültig gescheitert ist damit auch die bisherige Strategie westlicher Regierungen, Menschenrechtsverletzungen in China nur mit „stiller Diplomatie“ gegenüber Funktionären anzusprechen, auf den Versuch einer öffentlichen Verurteilung durch die UN-Menschenrechtskommission aber von vornherein zu verzichten.
Das Ziel einer neuen Menschenrechtspolitik des Westens gegenüber China muß es zunächst sein, die Dinge beim Namen zu nennen und mit einer Stimme zu sprechen. Nur dies ist – mittelfristig – erfolgversprechend. Der gemeinsame Protest von 18 westlichen Regierungen kurz vor Weihnachten ist ein erfreulicher erster Schritt, die Diskussion der Lage in China bei der nächsten Sitzung der UN-Menschenrechtskommission sollte selbstverständlich sein.
So muß es künftig darum gehen, einen permanenten Druck zu erzeugen. Zwar sollte China international nicht isoliert werden, weil dies nur nationalistische Kräfte stärkt. Gleichzeitig muß klar werden, daß zum Ausbau der Beziehungen zu westlichen Ländern deutliche Verbesserungen der Menschenrechtslage gehören. Sven Hansen
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