Kommentar: Strieder ohne Biß
■ Das Energieprogramm muß nachgebessert werden
Umweltsenator Peter Strieder (SPD) betont es gerne: Dem Ziel, den Kohlendioxid-Ausstoß bis 2010 um ein Viertel zu verringern, ist Berlin um die Hälfte näher gerückt – durchaus vorbildlich in Deutschland. Auch im Entwurf für das neue Landesenergieprogramm rühmt Strieder diesen Erfolg. Sicherlich war es eine Leistung, die extrem umweltschädlichen Braunkohleheizungen, vor allem im Ostteil der Stadt, durch umweltschonende Gas- oder Fernwärmeheizungen weitgehend zu ersetzen. Jetzt steht Berlin da, wo andere westdeutsche Städte stehen.
Das heißt aber: Die eigentliche Arbeit fängt erst an. Denn vom DDR- Umweltstandard zum Weststandard zu kommen war vergleichsweise einfach. Um den Klimakiller Kohlendioxid aber weiter zu verringern, ist mehr erforderlich: Senat und BürgerInnen müssen umdenken. Einen Kohleofen gegen eine Gasheizung auszutauschen – wer wäre dazu nicht gerne bereit? Aber das Auto stehen lassen und dafür Straßenbahn fahren? Oder einen höheren Strompreis zu bezahlen, um Ökostrom zu beziehen? Dafür dürfte die Bereitschaft geringer sein.
Sie wird nur wachsen, wenn umweltgerechtes Verhalten bezahlbar ist. Deshalb ist der Senat in der Pflicht. Er muß die BVG so unterstützen, daß sie die Preise senken und schnellere Verbindungen schaffen kann. Dazu braucht die Umweltverwaltung jedoch die Unterstützung der Verkehrsverwaltung. Die Hoffnung, daß Klemann in diese Richtung umschwenkt, ist allerdings äußerst gering.
Dennoch könnte der Senat mit gutem Beispiel vorangehen. Seinen Einfluß auf die Bewag hat das Land durch den Verkauf zwar weitgehend abgegeben. Druck könnte der Senat aber dennoch erzeugen, indem er für öffentliche Gebäude nur noch umweltgerechten Strom bezieht. Die BVG könnte verpflichtet werden, nur noch Fahrzeuge mit geringem Energieverbrauch anzuschaffen.
Solche konkreten Vorschläge hätte man erwarten dürfen. Doch die Umweltverwaltung hat sich mit vagen Formulierungen um ihre Verantwortung gedrückt und fällt zudem hinter frühere gute Ansätze zurück. Das Programm droht daher wirkungslos zu bleiben. Da hilft nur, kräftig nachzubessern. Jutta Wagemann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen