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Strieder steckt beim Klimaschutz zurück

■ Der Referentenentwurf von Umweltsenator Peter Strieder (SPD) für die Verringerung des Kohlendioxid-Ausstoßes weist nach Ansicht der Grünen schwere Mängel auf. Kein Konzept gegen den Anstieg von Abga

Der Einsatz des Senats für einen besseren Klimaschutz in Berlin wird in den kommenden Jahren noch geringer ausfallen als in den vergangenen vier Jahren. Der Entwurf der Umweltverwaltung für ein neues Landesenergieprogramm, der der taz vorliegt, fällt in seinen Zielvorgaben hinter das Programm von 1994 zurück. Viele gute Vorschläge dieses Konzeptes würden im Entwurf nicht mehr berücksichtigt, kritisierte gestern der umweltpolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Hartwig Berger. Berger forderte die öffentliche Auslegung des Entwurfs, um eine Debatte anzustoßen und Alternativvorschläge einfließen zu lassen.

Alle vier Jahre muß der Senat nach Vorschrift des Energiespargesetzes ein Landesenergieprogramm aufstellen. Darin sollen konkrete Ziele und Maßnahmen zur Einsparung von Energie und zur Umweltentlastung formuliert werden. Im Mittelpunkt des Berichts steht der Kohlendioxid-Ausstoß, der die Atmosphäre aufheizt.

In dem Referentenentwurf für das Energieprogramm 1998 bis 2002 bilanziert die Umweltverwaltung zufrieden den gesunkenen CO2-Ausstoß in Berlin. Zwischen 1990 und 1996 seien die Emissionen um 14,5 Prozent gesunken. Damit sei Berlin seinem Ziel um die Hälfte näher gekommen, bis zum Jahr 2010 den CO2-Ausstoß um ein Viertel zu verringern. Auf diese Summe hatte sich das Klimabündnis europäischer Städte geeinigt, dem Berlin angehört. Diese Zahl will Hartwig Berger von den Grünen jedoch nicht gelten lassen. Zum einen sei sie „temperaturbereinigt“. Obwohl in kalten Wintern besonders viel geheizt wird und damit der CO2-Ausstoß sehr hoch ist, wird ein Mittelwert errechnet. Wichtig sei aber, sagt Berger, der tatsächliche CO2-Ausstoß. Ohne Temperaturbereinigung sanken die CO2-Emissionen nach Bergers Berechnung zwischen 1987 und 1996 nur um 6,3 Prozent.

Auch die Einsparpotentiale sind verbraucht. Der niedrigere Ausstoß seit 1987 geht vor allem auf den Zusammenbruch der Industrie und die Umstellung der Heizungen von Braunkohle auf Gas oder Fernwärme zurück. Diese Entwicklung ist aber abgeschlossen. Mängel hat der grüne Umweltexperte auch bei der Verkehrspolitik ausgemacht. Während das Energiekonzept von 1994 langfristig von einem Rückgang des motorisierten Verkehrs in Berlin ausgegangen war, stieg der Verkehr tatsächlich an. Das brachte von 1990 bis 1996 einen Anstieg des CO2-Ausstoßes um 14 Prozent mit sich. Der Senat steuere dieser Entwicklung nicht entgegegen, kritisierte Berger. Auch im Entwurf gebe es dazu keine Vorschläge.

Gar kein Thema ist der Luftverkehr über Berlin. Nach Bergers Rechnung müßten in der Gesamtbilanz etwa 1,5 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß im Jahr hinzugerechnet werden. Berger bezweifelte, daß der Entwurf die Zustimmung der CDU-geführten Verkehrsverwaltung erhalten wird. Dann ist ein Beschluß des Senats gefragt. Jutta Wagemann

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