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Alleswisser Captain Picard

■ Jonathan Frakes „Star Trek – Der Aufstand“ setzt auf das Phlegma der Trekki-Gemeinde

Star-Trek-Fan zu werden ist ein langer Prozeß. Bei den meisten begann er in der Kindheit, als einen mangelndes Fernsehangebot und kindliche Naivität die Enterprise- Classic-Serie mit ihren moralinsauren amerikanischen Werten, unterschwelligen rassistischen und sexistischen Ideologien und durchsichtigen Stories lieben lehrte. Doch je älter man wurde, desto mehr erkannte man, was wirklich los war im Weltraum (Gut = Föderation zeigt den Bösen = Außerirdischen, wo der Hammer hängt).

Darum wurden die Nachfolgeserien „The Next Generation“, „Deep Space Nine“ und „Voyager“ mit ihren gemischten Crews, in denen sogar Frauen wichtige Rollen bis hin zum Captain spielen dürfen, auch so begeistert von den meisten Fans aufgenommen, selbst wenn es natürlich Reaktionäre und Ewiggestrige gibt, die nur bei Kirk und Spock feuchte Augen kriegen.

Die Spielfilme freilich sind ein einziges Ärgernis. Angefangen mit „Star Trek – Der Film“ von 1979 bannen sie alle Jahre wieder die Mitglieder der alten und neuen Crews auf Zelluloid, wo sie schlecht geschminkt und unvorteilhaft ausgeleuchtet in pappenen Kulissen herumstolpern und in undurchsichtige, unlogische und platte Geschichten verwickelt werden. Mit dem letzten Werk immerhin, „First Contact“, hatte man sich erstmalig eine Story ausgedacht, die zumindest mal der Standard- Filmlänge standhielt – es ging um den „ersten, interstellaren Kontakt der Menschen auf der Erde“, der, welch schöne Vorstellung, mit den intelligenten und angenehm logischen Vulkaniern stattfinden soll. Doch das neue Abenteuer der Enterprise unter dem Kommando der französischen Philosophen-Glatze Jean-Luc Picard (Patrick Stewart) wirft die neverending story um das Superraumschiff jetzt wieder um Jahrzehnte zurück, und zwar in Lichtgeschwindigkeit.

Es geht um einen Planeten, der sich in einem Bereich metaphysischer Radiostrahlung befindet, so daß die 600 Bewohner kaum altern. Ein paar Böse, die vom Planeten vertrieben wurden und darum ganz exorbitant altern (und sich ständig Schönheitsoperationen unterziehen, bis sie aussehen wie Kathryn Hammond in „Brazil“), können das nicht verknusen und müssen von der Föderation in ihre Schranken verwiesen werden. Das Ganze ist in 10 Minuten erzählt und in 30 Minuten ausgereizt – perfekt für eine einigermaßen unterhaltsame Fernsehfolge mit Werbeinseln. Aber es wurde teurer Film belichtet, und darum kommt und kommt die Geschichte nicht aus dem Quark. Unlustige Gags mit Data sollen davon ablenken, Rikers (Jonathan Frakes, der leider auch als Regisseur fungiert) Fettleibigkeit erschreckt auch nur beim ersten Auftritt. Warum die ganze Crew überhaupt den Alleswisser Picard auf seiner Rettungsmission begleitet, ist nicht klar, und daß sie es tut, eigentlich nicht nötig.

Richtig ärgerlich macht aber, daß der Film hauptsächlich auf dem langweiligen Planeten mit seinen schon tausendmal für Fernsehfolgen benutzten Höhlen spielt und daß auch die meisten Ideen aus dem Fernsehen recycelt sind. Jedes Grimmsche Märchen hat einen aufregenderen Spannungsbogen und schillerndere Charaktere. Woran liegt das bloß? Rechnen die Macher eines solchen Flops mit der phlegmatischen Toleranz von Star-Trek-Fans, die bekanntermaßen zu gleichen Teilen aus unschuldigen Kindern, spießigen Bankangestellten, die in ihrer Freizeit Klingonin spielen, und Nerds, die im Internet in Star-Trek-Chat- Rooms dem „Techno Bubble“ frönen, bestehen? Oder hat man sich einfach zuviel vorgenommen mit dem Medium Zelluloid, für das andere Spannungsaufbauten, andere Erzählweisen und nicht zuletzt eine tiefere, breitflächigere Optik als das perfekt ausgeleuchtete, synthetische Fernsehbild gelten? Geht es an, daß Phantasiegestalten aus dem 24. Jahrhundert sich in sozialen Rollen wie aus dem 19. Jahrhundert (starke Männer, schwache Frauen) bewegen? Jedenfalls ist die diesjährige Enterprise-Film- Adaption so gründlich mißglückt beziehungsweise abgestürzt, daß man das blöde Schiff am liebsten irgendwo in den Gamma-Quadranten versetzen würde, möglichst in Borg-Gebiet. Und dann beamt man die Besatzung ohne Schutzanzug in den Weltraum. Das haben sie nun davon. Jenni Zylka

„Star Trek – Der Aufstand“, Regie: Jonathan Frakes. Mit Patrick Stewart, Jonathan Frakes u.a., USA 1998, 103 Min.

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