Eine Frau in der CSU

■ Die frühere Bundestagsvizepräsidentin Michaela Geiger (CSU) starb in München an Krebs

Berlin (taz) – „Grüß Gott im Internet!“ Auch am Neujahrsmorgen 1999 lächelt Michaela Geiger von ihrer Homepage als Bundestagsabgeordnete. Gut 24 Stunden zuvor, in der Nacht zu Silvester, ist die CSU-Politikerin in München an Krebs gestorben. Obwohl sie nach Aussagen eines Parteisprechers bereits lange an der Krankheit litt, war sie fast bis zuletzt auf der Bonner Bühne präsent.

Noch sechs Wochen vor ihrem Tod ließ sie sich zur stellvertretenden Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses wählen. Als die CDU/CSU-Fraktion nach der Bundestagswahl zu verhindern versuchte, daß eine PDS-Vertreterin Bundestagsvizepräsidentin wird, hatte Geiger sich als Zählkandidatin zur Verfügung gestellt – und erwartungsgemäß verloren. Für sie ging damit ihre eigene, knapp zweijährige Zeit auf dem Stuhl der Vizepräsidentin zu Ende. Als die Abgeordnete aus dem früheren Wahlkreis von Franz Josef Strauß das Amt im Januar 1997 übernahm, handelte es sich bereits um ihren dritten Anlauf. Zuvor war sie 1990 und 1994 bei parteiinternen Abstimmungen jeweils dem ungewöhnlich beliebten Hans „Johnny“ Klein unterlegen. Erst nach Kleins überraschendem Tod setzte sie sich als CSU-Vertreterin im Bundestagspräsidium durch.

Weiblich, protestantisch, geschieden und alleinerziehend – ziemlich viele Handikaps für einen Aufstieg im katholischen Männerklüngel der CSU. Michaela Geiger ließ sich trotzdem nicht auf Politikfelder abdrängen, die vom Bonner Establishment gerne als Endlagerstätten für ambitionierte Konkurrentinnen genutzt werden. Schon Mitte der achtziger Jahre arbeitete die gebürtige Oberammergauerin als außenpolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Nach exakt zwei Jahren als Staatssekretärin im Entwicklungshilfeministerium wechselte sie 1993 in der gleichen Funktion ins Verteidigungsministerium. Die rot-grüne Regierungssprecherin Charima Reinhardt bescheinigte ihr gestern „engagierte und vorurteilsfreie“ Arbeit. Patrik Schwarz