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Die Hälfte der Patienten darf schon nach 24 Stunden wieder nach Hause gehen

■ taz-Serie über Krankenhäuser (Teil 3): Im Urban-Krankenhaus klärt zuerst ein Ärtzeteam, ob Patienten stationär behandelt werden müssen

„Das ZAD soll unnötige Krankenhausaufenthalte und Doppeluntersuchungen verhindern“, sagt Chefarzt Hans-Joachim Hartung, „denn hier gibt es ein großes Einsparpotential.“ Das ZAD heißt vollständig Zentrum für Aufnahme und Diagnostik und befindet sich im Erdgeschoß des Kreuzberger Urban-Krankenhauses, das gerade wieder einmal um sein Überleben kämpft. 20 Betten stehen hier für PatientInnen, bei denen nicht ganz klar ist, ob sie ins Krankenhaus und – wenn ja – wohin dort sie gehören.

Das ZAD ist einer von mehreren Bausteinen, die die Klinik im Urbanhafen zum Modellkrankenhaus machen soll. Dazu wurde sie im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Krankenhaus Friedrichshain von Gesundheitssenatorin Beate Hübner (CDU) auserkoren. Wie schafft man eine verbesserte Patientenversorgung zu wirtschaftlich günstigen Konditionen? heißt die Frage, die in den beiden Häusern modellhaft beantwortet werden soll. Chefarzt Hartung leitet das Projekt Modellkrankenhaus am Urban.

„Ins ZAD kommen Patienten, die weder mit dem Krankenwagen noch durch eine ärztliche Einweisung kommen“, erklärt Hartung. „Ein Patient mit dem Verdacht auf Blindarm zum Beispiel, bei dem ich nicht weiß, ob wirklich etwas Ernsthaftes vorliegt, ich mich aber auch nicht traue, ihn wieder nach Hause zu schicken.“ Auf einer normalen Station würden die notwendigen Untersuchungen mehrere Tage dauern. Im ZAD soll in maximal 24 Stunden geklärt sein, ob der Patient ins Krankenhaus und, wenn ja, auf welche Station er gehört. Dazu werden die Kranken intensiv und, wenn notwenig, von ÄrztInnen aus unterschiedlichen Bereichen durchgecheckt. „Die Hälfte der Patienten, die im ZAD untersucht werden, bleibt ambulant“, so Hartung, „da werden unnötige stationäre Aufnahmen verhindert.“

Künftig, so Hartung, soll die Abteilung auch nicht mehr von einem Chefarzt einer anderen Station geleitet werde, sondern eine eigenständige Leitung bekommen. „Nur so kann man dem Vorwurf vorbeugen, daß freie Betten auf der Station des Chefs die Entscheidungen im ZAD beeinflussen.“

Das ZAD ist nicht die einzige Neuerung im Modellkrankenhaus. Eine Rettungsstelle, in der auch niedergelasse Ärzte Dienst tun, gehört ebenso dazu wie gemeinsame Poolbetten unterschiedlicher Stationen und das Zentrum für aktivierende Pflege (ZAP). 18 Betten gibt es hier seit Juli letzten Jahres, 36 sollen es werden. Ins ZAP kommen Patienten, die noch viel Pflege, aber nur noch wenig ärztliche Versorgung benötigen. Einen Stationsarzt gibt es nicht, die Mediziner kommen nur zur Visite. „Das setzt voraus, daß die Ärzte viel Verantwortung an die Pflege abgeben“, sagt Hartung und macht keinen Hehl daraus, daß das manchmal nicht einfach ist. Mindestens eine Arztstelle werde so eingespart. „Ein Teil des Geldes fließt in mehr Pflegepersonal und Sachen wie Ergotherapie“, sagt Helmut Schulz, der das ZAP leitet. Ziel seiner Station sei es, so Schulz weiter, die Selbstaktivität der Patienten zu stärken. „Wir waschen die Patienten also nicht einfach, sondern zeigen ihnen, wie sie sich – vielleicht mit Hilfsmitteln – selber waschen können.“ Das ZAP bietet auch Kurse für Angehörige an und arbeitet eng mit den Sozialstationen zusammen. Schulz: „Das verkürzt die Liegezeiten und vermeidet auch, daß die Patienten schnell wieder ins Krankenhaus kommen.“ Sabine am Orde

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