Harter Euro, weiche Torte, heiße Börse

■ Am ersten Handelstag besteht der Euro seine Feuerprobe. Die Nachfrage nach der neuen europäischen Währung an den internationalen Börsen ist hoch, Euro-Aktien sind sehr gefragt. Tortenschlacht leider nur in Amsterdam

Berlin (taz) – Eine Geburt ohne Wehen sei es gewesen, als gestern der Euro das Licht der Finanzwelt erblickte. Problemlos sei die Umstellung am ersten Börsenhandelstag des Euro-Zeitalters gewesen, rühmten sich Banker und Börsianer in aller Welt. Na ja, fast problemlos – bis zum Nachmittag schafften es die Nachrichtenagenturen nicht, die aktuellen Umrechnungskurse zwischen Dollar, Pfund und Yen auf der einen und dem Euro auf der anderen Seite festzustellen, und der europäische Aktienindex Stoxx blieb gleichfalls eine unbekannte Größe.

Einen freundlichen Empfang bereiteten die Anleger in aller Welt dem Euro jedenfalls. Sein Kurs stieg gegenüber dem an Silvester von den europäischen Finanzministern festgelegten Wert um durchschnittlich einen Cent auf knapp 1,18 Dollar pro Euro. Vor allem asiatische Anleger begannen mit einer vorsichtigen Umschichtung von US-Dollar auf Euro.

Nicht so freudig reagierten einige niederländische Bürger auf die Ankunft des Euro. Für die Aktivisten von TAART (Trotzt den autoritären, antirevolutionären Typen) ist die Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung ein höchst undemokratischer Akt. Die zu deutsch Torte genannte Gruppe verübte gestern ein Tortenattentat auf den niederländischen Finanzminister Gerrit Zalm.

An der Frankfurter Börse wurde dagegen vor allem mit dem Wort „historisch“ um sich geworfen. An diesem „historischen Tag“ – so zum Beispiel der EU- Währungskommissar Yves-Thibault de Silguy, der gemeinsam mit Börsenchef Reto Francioni den jetzt nur noch in Euro abgewickelten Aktienhandel eröffnete – wurde der Euro mit einem kleinen Kursfeuerwerk begrüßt. Bis 17 Uhr stieg der Aktienindex Dax um fünf Prozent auf 5.225 Punkte. Das sei das „bestmögliche Omen“ für die neue Währung, freute sich der französische Notenbankchef Jean- Claude Trichet. Die Zuwächse, die nach der weihnachtlichen Flaute nicht ganz unerwartet kamen, lagen vor allem an der starken ausländischen Nachfrage. „Amerikanische und asiatische Anleger wollen in Euro-Land dabeisein“, so ein Händler.

Eine zu starke Nachfrage nach Euro ist dabei nicht im Interesse der EU-Staaten. Wenn der Euro-Kurs zu sehr ansteigt, leidet die europäische Exportindustrie. Berichte, wonach die Europäische Zentralbank angeblich schon gestern einen weiteren Wertzuwachs des Euro mit Interventionen an den asiatischen Devisenmärkten gebremst habe, wollten die Euro-Banker aber nicht kommentieren. lieb

Tagesthema Seite 3