piwik no script img

Kauft Ford die Lederhosen-Raser?

■ Auf dem Autosalon in Detroit sprießen die Gerüchte: Ford will BMW oder Honda. Die Betroffenen dementieren heftig oder wissen von nichts. DaimlerChrysler wiederum spricht länger als erwartet mit Nissan über

Berlin (taz/AFP) – Kaum waren sie dem Flugchaos durch die Blizzards entronnen, spannen die Automanager der Welt schon wieder am Netz der Gerüchte: Auf der großen Automesse in Detroit im schneegeplagen Mittelwesten der USA treffen sich diese Woche die Schwergewichte der Branche. Und die ist seit der letztjährigen Fusion Daimler–Chrysler angeregt bis aufgerüttelt. In der Nacht zum Dienstag wurde nun aus Kreisen der Ford-Führung kolportiert, der US-Autogigant stehe kurz vor der Übernahme des bayerischen Konkurrenten BMW und des japanischen Konzerns Honda.

Ford taucht ständig bei Übernahmespekulationen als Käufer auf. Einerseits wollen sie wieder wie zu Zeiten des alten Henry Ford der größte Autokonzern der Welt werden. Dazu müssen sie den Branchenprimus General Motors überholen und DaimlerChrysler ausbremsen. Und andererseits haben sie eine gut gefüllte Kriegskasse, die sich nach einer Rechnung der New York Times auf 22 Milliarden Dollar (etwa 35 Milliarden Mark) beläuft – in Cash.

Für BMW wären nach derzeitigem Aktienstand 17 Milliarden Euro (knapp 34 Milliarden Mark) plus eine Prämie von 20 oder 30 Prozent auf diese Summe fällig. Das könnte Ford durchaus bezahlen. Doch gehören knapp die Hälfte der Aktien beim Münchner Anbieter von PS-starken Autos der Familie Quandt. Und die hatte in letzter Zeit wiederholt verlautbaren lassen, daß sie keinesfalls an einen Verkauf ihrer wichtigsten Firmenbeteiligung denke. BMW dementierte denn gestern auch alle Gerüchte: „Es gibt in keinerlei Richtung irgendwelche Gespräche über eine Fusion oder einen Kauf“, so ein Sprecher.

Der japanische Auto- und Motorradbauer Honda zeigte sich ebenfalls überrascht. Topmanager Hiroyuki Shimonjima sagte in Tokio, er habe „niemals von einem solchen Plan gehört“.

Die Ford-Manager, von denen die Gerüchte stammen, berichteten hingegen, daß Ford-Chef Jacques Nasser, seit 1. Januar im Amt, am Montag auf der Messe bereits überschwengliche Glückwünsche von Kollegen aus dem Konzern entgegengenommen habe. Nasser sagte der Presse zu Firmenkäufen nur: „Wenn es eine gute Gelegenheit gibt, werden wir sie uns sicherlich ansehen.“

Mit den guten Gelegenheiten ist es jedoch so eine Sache, wie DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp feststellt. Mitte November hatte der neue Fusionsheld angekündigt, daß er bis Jahresende mit einer Entscheidung im Projekt Nissan Diesel rechne. Die Stuttgarter wollen mit dem japanischen Lkw-Hersteller kooperieren oder gar den 40-Prozent-Anteil von Nissan an deren Lastertochter übernehmen. Damit würde Daimler seine weltweit führende Stellung bei schweren Lkw ausbauen.

Doch Nissan Diesel hat im letzten Jahr statt geplanter 20.000 nur knapp 16.000 schwere Laster verkauft. So türmen sich die Verluste, jeder vierter Arbeitsplatz soll verschwinden. Laut DaimlerChryslers US-Chef Thomas Stallkamp will sein Konzern nun mit dem Einstieg noch warten, bis die japanische Rezession an ihrem Tiefpunkt angelangt ist. Dann gibt's vielleicht einen Bonus. rem

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen