Düstere Prognose für Rot-Grün und Arbeitslose

■ Wirtschaftsforscher des DIW sagen Wachstum von nur 1,4 Prozent und weiterhin vier Millionen Arbeitslose voraus. Bonn bleibt weiter bei zwei Prozent Wachstum

Berlin (taz) – Die Schonzeit für Rot-Grün ist vorbei. Auch vom regierungsnahen Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin gibt es keine Vorschußlorbeeren. Der Wirtschaftsaufschwung in Deutschland bricht in diesem Jahr ein, so lautet die Kurzfassung seiner Prognose für 1999. „Wir finden das erschreckend“, warnte Präsident Lutz Hoffman noch, bevor er dann die deutlich nach unten revidierten Zahlen für 1999 präsentierte: Bei einem Wirtschaftswachstum, das von 2,7 Prozent im vergangenen Jahr auf 1,4 Prozent im laufenden schrumpfen soll, werde sich die Zahl der Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt auf 4,175 Millionen einpendeln. Damit würde die Arbeitslosenquote nur geringfügig von 11,2 auf 10,9 Prozent sinken. In Ostdeutschland rechnet das DIW gar nur mit einem Mini- Wachstum von 0,8 Prozent.

Die Reaktion aus Bonn kam prompt: Die Zahlen deckten „sich nicht mit unseren Annahmen“, hieß es aus dem Bundesfinanzministerium. Man rechne mit einem Wachstum von bundesweit 2,0 Prozent.

Das Problem sieht das DIW in den weltweiten Finanz- und Währungsturbulenzen – eine Einschätzung, die auch die anderen Institute weitgehend teilen. Mit Ausnahme des Rheinisch-Westfälischen Instituts haben sie ihre Zahlen ebenfalls zurückgenommen.

Die Krisen, so das DIW, machten sich in Deutschland besonders bemerkbar, weil es bislang einseitig auf den Export setze und die Binnennachfrage nach den bescheidenen Lohnabschlüssen der vergangenen Jahre „arg lahmt“. So könne der zu erwartende Einbruch im Exportbereich nicht kompensiert werden.

Der Appell des DIW an die Bundesregierung: expansive Geld-, Fiskal- und Lohnpolitik. „Die Wirtschaftspolitik muß alles unternehmen, um die Nachfrageschwäche nicht noch zu verstärken“, so Hoffmann. Dafür könne man auch eine höhere Verschuldung in Kauf nehmen. Das Geld könne der Bund dann in Infrastruktur, Forschung und Bildung investieren, erklärte Hoffmann. „Das würde gleichzeitig die Nachfrage antreiben und die Angebotsbedingungen verbessern.“

Im Finanzministerium stößt er dabei jedoch auf taube Ohren. Erst am Montag hatte Finanzstaatssekretär Heiner Flassbeck, noch vor kurzem selber Konjunkturexperte beim DIW, erklärt, höhere Schulden seien kein Mittel, um die Konjunktur anzukurbeln. bw