piwik no script img

Extrovertierte Ingenieure

■ Die Theater- und Veranstaltungstechnik verringert die Kluft zwischen Kunst und Technik

Die Technische Fachhochschule (TFH) im Berliner Bezirk Wedding ist kein bevorzugter Ort für schöne Künste. In den 70er- Jahre-Zweckbauten sind die meisten der 6.000 Studierenden auch eher in Studiengängen wie Bauingenieurswesen und Elektrotechnik immatrikuliert. Doch seit elf Jahren wird hier nicht mehr nur „Solides“ gelehrt. Wegen der immer komplexer werdenden Technik in Theatern und Veranstaltungshallen wurde der bundesweit einmalige Studiengang Theater- und Veranstaltungstechnik ins Leben gerufen.

In acht Semestern sollen hier Studenten ausgebildet werden, um mit technischem und künstlerischem Know-how die Kluft zwischen Vorstellungen von Regisseuren und und der technischen Machbarkeit ihrer Umsetzung zu überbrücken. Dabei wird das Gewicht mehr auf Allgemeinwissen denn auf auf Spezialisierung gelegt. Der Stundenplan ist breit gefächert: Mathematik, Werkstoffkunde, Elektrotechnik, Theatertechnik, Szenographie, Theatergeschichte, BWL...

Vom fünften Semester an werden die Studierenden dann in die Welt der Theater, Mehrzweckhallen und Event-Planungsbüros geschickt, um das künftige Arbeitsgebiet kennenzulernen. Das ist bereits das zweite Praktikum: Als Eintrittskarte für den Studiengang wird ein Praktikum in einem Maschinenbau- oder Elektrotechnikbetrieb von einem halben Jahr verlangt.

Ende 1996 wurde der Verein MT-Netz (Maschinenbau-Theatertechnik) von Ehemaligen und Studierenden gegründet, um beim Finden von Praktika und Jobangeboten zu helfen. Einen weiteren Schwerpunkt des Vereins beschreibt Vereinsmitglied Grant Wallace so: „Wir werden zweimal im Jahr einen Workshop mit Vertretern aus der Praxis machen, die zusammen mit den Studenten ein fiktives Grobprojekt planen.“

Praktisch arbeiten, organisieren und die eigenen Vorstellungen verwirklichen scheint ohnehin für die Theatertechnikergemeinschaft die bevorzugte Möglichkeit zu sein, dem Vorlesungsalltag zu entfliehen. Kurz vor ihrer Diplomarbeit haben Volker, Claudia, Ben, Holger und Jürgen die technische Umsetzung für eine Austellung über die 1848er Revolution in Berlin entwickelt. Und alle, die vor einem Jahr dabei waren, schwärmen noch immer von den Projekten der „Proprotec“, der professionellen Protesttechnik, die beim Studierendenstreik die Berliner Demonstrationen mit einem love-parade- mäßigen Lastwagen begleitete. Jan Sternberg

Informationen: TFH Berlin, Tel. (030) 45042218, Bewerbungen bis 15. Januar

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen