: Jobmarkt: SPD will Laune heben
Sozialdemokraten sehen „erfreuliche“ Tendenzen auf dem Arbeitsmarkt. Weniger Erwerbslose im Jahresvergleich. Demographische Entwicklung hilft der Politik ■ Aus Nürnberg Bernd Siegler
Auch die Sozialdemokraten leben jetzt vom Prinzip Hoffnung, wenn es um die Arbeitslosenzahlen geht. Ähnlich wie die Vorgängerregierung übte sich die SPD gestern in vorsichtigem Optimismus, als die monatlichen Arbeitslosenzahlen für Dezember 1998 vorgestellt wurden. Es sei „erfreulich“, daß die Zahl der Erwerbslosen gegenüber Dezember 1997 um 324.000 zurückgegangen sei, erklärte SPD-Bundesgeschäftsführer Otmar Schreiner. Allerdings seien weiterhin „große Anstrengungen“ notwendig, um eine wirkliche Wende am Arbeitsmarkt herbeizuführen.
Saisonal bedingt stiegen die Arbeitslosenzahlen im Dezember im Vergleich zum November allerdings erst mal wieder über die Vier-Millionen-Marke. 4.197.313 Menschen waren ohne Job, 251.300 mehr als im Vormonat.
Im Rückblick auf 1998 aber ergibt sich kein so negatives Bild: Die durchschnittliche Zahl der Arbeitslosen lag 1998 mit 4,28 Millionen um 105.200 unter der des Vorjahres. Dieser Rückgang erfolgte jedoch ausschließlich in den alten Bundesländern. Der Osten verzeichnete im Jahresdurchschnitt einen leichten Anstieg um 11.400 Arbeitslose – trotz einer erheblichen Ausweitung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen. Diese Maßnahmen waren aufgrund finanzieller Einsparmaßnahmen 1997 stark zusammengestrichen und im Vorfeld der Bundestagswahl wieder kräftig hochgefahren worden.
Was die Prognosen für dieses Jahr betrifft, wollte Bernhard Jagoda, Chef der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit (BA), gestern gleichfalls keine düstere Stimmung verbreiten. „Auch 1999 bleibe ich Optimist“, betonte er und widersprach damit den ungünstigen Arbeitsmarktprognosen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Aufgrund der demographischen Entwicklung (s. Interview) und der Möglichkeit, durch eine Steuerreform und ein Bündnis für Arbeit „positive Rahmenbedingungen“ zu schaffen, sei 1999 bei den Arbeitslosenzahlen „einiges machbar“, so Jagoda.
Im Jahr 1998 habe das Wachstum allerdings nicht ausgereicht, um die Situation auf dem Arbeitsmarkt „entscheidend zu bessern“. Ausschlaggebend dafür seien die steigende Arbeitsproduktivität und die aufgrund des verminderten Krankenstands gestiegenen Arbeitsstunden pro Kopf. Gegen Jahresende habe sich zudem das „konjunkturelle Klima eingetrübt“, so Jagoda. Die Dezember- Arbeitslosenquote liegt im Westen bei 9,3 Prozent, im Osten bei 17,4 Prozent.
Vollauf zufrieden war Jagoda mit seiner Arbeitsverwaltung. Zu Beginn des Jahres 1998 war die Organisation der 181 Arbeitsämter dezentralisiert worden. 3,67 Millionen Arbeitsvermittlungen im Jahr 1998 stellten für das wiedervereinigte Deutschland einen Rekord dar.
Aufgrund der günstigen Entwicklung der Beschäftigtenzahl 1998 mußte die Nürnberger Bundesanstalt weniger Mittel für die Zahlung von Arbeitslosengeld aufwenden, als im Haushalt vorgesehen waren. Von dem vorgesehenen Bundeszuschuß in Höhe von 14,1 Milliarden Mark wurden nur 7,7 Milliarden abgerufen. „Der Finanzminister wird sich freuen“, kommentierte der BA-Chef.
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