: „Offensichtlich nicht von dieser Welt“
■ „Karneval des Todes“, Pilotfilm der neuen Sat.1-Serie „SK Kölsch“, versucht sich als jecke Mysterykomödie, 20.15 Uhr, Sat.1
Der Zeitpunkt ist gut gewählt: Einerseits hatte ganz Deutschland noch vor wenigen Tagen ohnehin nach Köln beziehungsweise zugeschaut, wie die Stadt am Rhein in kompromißloser Verehrung 90 Jahre Willy Millowitsch feierte, und damit schon einiges über die Unerklärlichkeiten des Kölner Humors in Erfahrung gebracht. Andererseits feiert die Konkurrenz von RTL in wenigen Tagen den Start von Deutschlands erster Mystery-Serie. Insofern kam Mitbewerber Sat.1 die heutige Pilotfolge seiner neuen Serie „SK Kölsch“ wie gerufen. Schließlich handelt es sich beim „Karneval des Todes“ offenbar um eine karnevalistische Mysterienkomödie: Ganz Köln und ergo auch die Sonderkommission „Kölsch“ befindet sich mitten im Fastnachtsfieber. Da plötzlich senkt sich ein helikopterartiges Flugobjekt auf die Erde und spuckt ein menschenähnliches Lebewesen aus. Wie das TV-Publikum wenig später erfährt, handelt es sich dabei um „Klaus Tauber“, den Neuen im Team der „SK Kölsch“. Doch dieser Tauber ist ganz offensichtlich nicht von dieser Welt. Nein, wie der aufmerksame Zuschauer sich schnell zusammenreimen kann, muß Tauber ein Außerirdischer sein! Anders jedenfalls wäre die geradezu haarsträubende Unkenntnis karnevalistischer Grundbegriffe, mit der er durch den Krimi stolpert, einfach nicht zu erklären.
Die Drehbuchautoren haben ihr heiteres Mysterienspiel in das Gewand eines schlichten Serienmörder-Plots gekleidet und liefern den entscheidenden Hinweis auf Taubers wahre Existenz erst kurz vorm Showdown: „... und nich' Helau rufen!“ mahnt Taubers Kollege. „Ja, ich hab's mir aufgeschrieben“, erwidert Tauber, zeigt auf eine Kritzelei in seiner Handinnenfläche und liest: „Aaalaff.“ Ein weiterer Kollege korrigiert: „Alaaaf! Mit Betonung auf dem zweiten A.“ E. T. Tauber staunt: „Alaaaf, okay.“ – und die kriminalistische Rahmenhandlung kann endlich ihr berechenbares Ende finden ...
***
Ja, man muß sich schon einiges einfallen lassen, um an „SK Kölsch“ seinen Spaß zu haben. Denn natürlich ist die neue Sat.1-Serie keine Mysterienkomödie, sondern bloß ein Stück Krimiserienkonfektion, uninspiriert zusammengezimmert, als hätte sich das Genre Fernsehkrimi in den letzten 50 (oder 500) Jahren bloß im Schneckentempo eines Rosenmontagszugs fortbewegt. Und der unbeleckte Kollege Tauber kommt in Wirklichkeit nicht aus einer anderen Welt, sondern witzigerweise bloß vom anderen (Rhein-)Ufer. Tätäää! Christoph Schultheis
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen