Sfor tötet serbischen Kriegsverbrecher

Das Tribunal in Den Haag wirft dem Ex-Polizeichef von Foca, Dragan Gagović, die Folterung und Vergewaltigung von Frauen vor. Soldaten beschlagnahmen militärisches Gerät der kroatisch-bosnischen Armee  ■ Von Erich Rathfelder

Die Sfor-Truppen in Bosnien- Herzegowina machen auch im neuen Jahr weiter ernst mit der Jagd auf mutmaßliche Kriegsverbrecher. Mit Dragan Gagović wurde einer der wichtigsten Gesuchten am Samstag von Sfor- Truppen in der ostbosnischen Stadt Foca getötet.

Ein französisches Kommando hatte nach Darstellung von Sfor- Sprechern versucht, den ehemaligen Polizeichef der Stadt festzunehmen. Dieser sei daraufhin mit seinem Auto auf die Soldaten zugerast, die ihn dann aus Notwehr erschossen hätten, erklärte der Sprecher. Mehrere Mitfahrer im Auto des Getöteten seien unverletzt geblieben. Vor dem Gebäude der UNO-Polizeieinheiten in Foca versammelte sich später eine aufgebrachte Menge serbischer Bewohner der Stadt.

Der 38jährige Karatelehrer Gagović und sieben weitere bosnische Serben aus Foca standen seit Juni 1996 auf der Liste der Kriegsverbrecher des UNO-Kriegsverbrechertribunals in Den Haag. Er wurde neben anderer Verbrechern beschuldigt, für die Folterung und Vergewaltigung von Frauen von Frühjahr 1992 bis Anfang 1993 verantwortlich zu sein. Eine der Zeuginnen, die bereit ist, gegen Gagović und seine Mittäter auszusagen, war damals 12 Jahre alt. Sie berichtete während der Vernehmungen, sie sei im Juli 1992 mit anderen Frauen in der Oberschule des Ortes von serbischen Polizisten und Soldaten mehrfach vergewaltigt, dann am 2. August in ein Bordell verschleppt worden. Später sei sie dem Militärpolizisten Radomir Kovac übergeben worden. Im Februar 1993 habe dieser sie an zwei montenegrinische Soldaten für 500 DM verkauft. Gagović habe diese Praxis seiner Untergebenen gedeckt.

Gagović, so die Anklageschrift, habe eine Frau, die gegen die Praxis der Vergewaltigungen protestieren wollte, in seinem Amtszimmer vergewaltigt. In seinen Verantwortungsbereich fällt nach der Eroberung der Stadt im April 1992 auch die Etablierung von Lagern für muslimische Männer der einstmals von 21.000 Muslimen (und Serben 18.000 ) bewohnten Stadt. Die muslimischen Frauen und Kinder wurden zunächst in Schulen und einer Sporthalle festgehalten, viele von ihnen später wie die Zeugin in Motels und Privatwohnungen gebracht. Erst im Februar 1993 wurden die Lager aufgelöst.

Foca galt bisher als sicherer Ort für Kriegsverbrecher, liegt er doch in der von französischen Truppen kontrollierten Zone Bosnien-Herzegowinas. Frankreich hatte bisher gezögert, das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zu unterstützen, die Festnahme Gagovićs könnte einen Kurswechsel andeuten. Erst im Dezember war der serbische General und mutmaßliche Mitverantwortliche für die Massaker in Srebrenica, Radoslav Krstić, von US-amerikanischen Truppen in Bijeljina festgenommen worden.

Um dem Vorwurf der Einseitigkeit zu begegnen, wurden nach Ansicht von Mitarbeitern internationaler Organisationen am Samstag Panzer und Geschütze der bosnischen Kroaten von Truppen der Sfor beschlagnahmt und die Zerstörung der Waffen angekündigt. Mit der Aktion reagierte die Sfor auf eine mit ihr nicht abgestimmte Ernennung von mehreren bosnisch-kroatischen Generälen. Die Sfor verlangt, daß Beförderungen in den Generalsrang von ihr genehmigt werden müssen.