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Der US-Senat will ganz über den Dingen stehen

Die Geschworenen im Impeachment-Prozeß tun so, als höre Parteipolitik vor den Türen ihrer Kammer auf  ■ Aus Washington Peter Tautfest

Der amerikanische Senat ist der Anker der Republik, ist Abend- und Morgenstern am amerikanischen Verfassungshimmel.“ So steht's in einer Geschichte des US-Senats, die Robert Byrd, 81jähriger demokratischer Senator aus West-Virginia und der Doyen der amerikanischen Länderkammer, schrieb. „Es gab in der Geschichte etliche Senate auf der Welt“, sagte der Mann in einer Rede nach seiner Vereidigung als Geschworener im Prozeß gegen Präsident Bill Clinton durch den obersten Richter der USA, „aber nur zwei wirklich große Senate, den römischen und den amerikanischen.“

Dieser Senat übernimmt die Regie in der Schmierenkomödie, die alle Welt als Lewinsky-Skandal kennt. Er wird über den Präsidenten zu Gericht sitzen und entscheiden, ob die Anklage des Repräsentantenhauses gegenstandslos ist oder die Entfernung Clintons aus dem Amt rechtfertigt. Der Kontrast zwischen dem Gegenstand des Verfahrens und seiner pompösen Form könnte kaum größer sein. Was gesunder Menschenverstand bisher nicht zuwege brachte, soll jetzt der Dünkel eines aufgeblasenen Altherrenvereins regeln.

Die Verfassung gibt den 100 Senatoren – zwei aus jedem der 50 Bundesstaaten – die Rolle des Richters auf, wozu sie zumindest dem Schein nach über den Dingen stehen müssen. Hört man die Senatoren, die am Wochenende ihr einstimmiges Votum über die Verfahrensregeln beim Impeachment- Verfahren feierten, möchte man meinen, Abgeordnetenhaus und Weißes Haus hätten sich wie zwei Dorfköter ineinander verbissen, die der Senat jetzt durch die Majestät seines Amts auseinandertreiben will – ganz so, als endeten Macht- und Parteipolitik vor den Türen des Senats.

Der Senat ist in der Tat in gewissem Sinn eine Körperschaft eigener Art. Anders als die Abgeordneten des Repräsentantenhauses, die oft homogene Wahlkreise vertreten, müssen die Senatoren die Interessen ganzer Bundesstaaten mit oft sehr heterogener Klientel wahrnehmen. Senatoren haben durch ihre sechsjährige Amtszeit und durch die Möglichkeit eines jeden Senators, jedes Gesetz durch Verfahrenstricks zu blockieren, eine besondere Machtfülle. Sie sind daher auf parteiübergreifende Koalitionsbildung angewiesen.

Doch Parteipolitik ist dieser Kammer nicht fremd. Wie weit die unparteiische Attitüde reicht, bleibt abzuwarten, denn die eigentliche Entscheidung wurde nur verschoben. Ging es bei den Verfahrensfragen im Prozeß gegen Clinton zunächst nur um kurzen Prozeß oder lange Peinlichkeit, so geht es jetzt um die Frage, ob Zeugen vernommen werden müssen, oder ob Recht auf der Basis des Starr-Reports gesprochen werden kann. Der Senat hat sich für ein mittellanges Verfahren ausgesprochen, das sich leicht ausweiten könnte, wenn im Februar entschieden wird, daß Monica Lewinsky und andere im Senat aussagen und ins Kreuzverhör genommen werden sollen. Die Ankläger aus dem Repräsentantenhaus wollen unbedingt Zeugen vernehmen, Clinton will das verhindern.

Das Kalkül der Ankläger ist einfach: Die Zweidrittelmehrheit zur Absetzung des Präsidenten ist rechnerisch im Senat bei einem Vorsprung der Republikaner von nur zehn Stimmen nicht herzustellen. Durch Zeugenvernehmung können die Gegner Clintons nichts verlieren, Peinlichkeiten und weitere Enthüllungen könnten selbst Gegner des Impeachments und Freunde Clintons umstimmen. Clintons Anwälte, die Starrs Report immer als einseitig angegriffen haben, sind hingegen bereit, alles, was dieser zusammengetragen hat, als wahr zu unterstellen, um weitere Beschämung und mögliche neue Enthüllungen zu vermeiden.

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