: Zweitgrößte chinesische Investitionsfirma bankrott
■ Milliardenpleite mit Folgen: Die Gitic war eines der „Fenster“ für ausländisches Kapital
Peking (dpa) – Die Milliardenpleite der zweitgrößten chinesischen Investitionsgesellschaft hat eine Schockwelle ausgelöst. Ausländische Banker in Peking äußerten sich am Montag empört über das Vorgehen der chinesischen Behörden, die nicht für den Bankrott einstehen wollten, obwohl die Guangdong International Trust and Investment Corp. (Gitic) der Finanzarm der Regierung der Provinz Guangdong war.
„Das ist eine Frechheit ohnegleichen“, sagte ein europäischer Banker. „Warum haben wir denn das Geld gegeben? Weil die Gitic hundertprozentig im Besitz der Provinz war.“ Was die chinesische Regierung gesagt habe, zähle nicht mehr. „Das wird einen Vertrauensumschwung bringen.“ Jede internationale Bank sei verwickelt.
In China und weltweit sind 240 Tochtergesellschaften der Gitic betroffen. Es ist das erste Mal, daß eines der berühmten „zehn Fenster“, mit denen China seit den 80er Jahren ausländisches Kapital für seine marktwirtschaftlichen Vorhaben aufgetrieben hat, zusammenbricht. Entsprechend hat die Pleite weitreichende Auswirkungen auf die Kreditvergabe an China. Ein Banker berichtete, Kredite seien nach der Schließung der Gitic im Oktober bereits „deutlich teurer“ geworden. Der Kreditgeber „steht jetzt vor einem ganz anderen Risiko“. Mit einem Bankrott hatte niemand gerechnet, vielmehr mit einer administrativen Abwicklung der Forderungen, die seit Oktober gemeldet werden mußten.
Doch nun müssen die Gläubiger vor Gericht ziehen, um ihr Geld zu bekommen. Wie lange es dauern wird, war ebenso unklar wie die Frage, wie hoch sie bedient werden. Alle größeren deutschen Banken im China-Geschäft seien betroffen, hieß es.
Bei einem Treffen in Kanton war den Gläubigern am Sonntag überraschend erklärt worden, die Gitic werde Bankrott erklären. 36,17 Milliarden Yuan (3,7 Milliarden Euro oder 7,2 Milliarden Mark) Verbindlichkeiten stünden nur 21,47 Milliarden Yuan Anlagevermögen gegenüber.
Ausländische Banker sprachen von Mißmanagement, mangelnder Überwachung, Veruntreuung und Fehlverhalten der Verantwortlichen. Mehr als 20.000 Privatanleger werden den vorliegenden Informationen zufolge entsprechend dem chinesischen Bankrottgesetz voll bedient, doch dürften die Banken nur einen Teil ihres Geldes wiedersehen.
Kreditgeber, die ihre Kredite nicht wie erforderlich bei der Staatlichen Verwaltung für Devisen in Peking registriert haben, sind laut offiziellen Informationen nach dem chinesischen Bankrottgesetz nicht geschützt.
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