Druckereien brauchen viel Zeit und Papier für Euro

■ Die deutschen Münzanstalten und Druckereien können Euros nicht vor 2002 liefern

Berlin (taz) – Fast zeitgleich zur offiziellen Geburtsstunde des Euro sind die ersten Münzen vom Band gerollt. Bis gestern gab es in den sieben deutschen Münzanstalten und Druckereien keine Bedenken, den Erstbedarf für Deutschland – zwölf Milliarden Münzen und vier Milliarden Scheine – rechtzeitig zum 1. Januar 2002 unter die Leute zu bringen.

Der neueste Vorstoß von Politikern – die für 2002 geplante Bargeldausgabe um mindestens ein Jahr vorzuziehen – brächte den Zeitplan der Hersteller indes völlig durcheinander. „Technisch ist das nicht möglich“, sagte Dieter Nedele, Leiter der Münzen in Stuttgart und Karlsruhe auf Anfrage der taz. Allein die Lieferfristen für zusätzliche Prägemaschinen lägen bei mehreren Monaten.

In Baden-Württemberg fehlt bisher zudem das entgültige Ja der Bundesbank zu den letzten Mustermünzen. Bayern wartet noch auf Rohlinge.

In Berlin und Hamburg, wo die Massenproduktion bereits vergangene Woche angelaufen ist, herrscht Skepsis. Nach Einschätzung des Leiters der Hamburgischen Münze, Franz-Rudolf Herres, wäre die Herstellung theoretisch vielleicht machbar, käme allerdings wesentlich teurer. Auch die Automatenindustrie läuft Sturm. Ein Sprecher des Bundesverbands der Automatenunternehmer hält die Vorverlegung für „schlicht undurchführbar“. Selbst nach dem jetzigen Zeitplan sei nicht klar, wann die Hersteller die ersten Testmünzen erhalten.

Euroscheine werden erst ab diesem Frühjahr gedruckt. Die Bundesdruckerei, die sich den Auftrag mit der Notendruckerei Giesecke & Devrient teilt, hat einen strikten Zeitplan. Gearbeitet wird im Dreischichttakt, die Maschinen sollen also rund um die Uhr laufen. Ob die Produktion dann noch ausgeweitet werden kann, wollte die Sprecherin der Bundesdruckerei nicht sagen. Doch selbst wenn das Geld in Deutschland im Schnelldurchlauf hergestellt werden kann, sind andere Euro-Länder noch nicht so weit. Weil jedes Land seinen Geldbedarf herstellt, müssen die deutschen Prägeanstalten zwar 25mal soviel Metall veredeln wie zum Beispiel die Iren. Die Kollegen auf der Insel haben aber, nach Auskünften des Hamburger Münzleiters, noch nicht einmal mit den Probeprägungen begonnen.

Die EU-Kommission sieht bislang keinen Grund, die Ausgabe des Bargelds vorzuziehen. Sie erwäge keinen entsprechenden Vorschlag an den EU-Ministerrat, sagte ein Kommissionssprecher. Belgiens Finanzminister Jean-Jacques Viseur, der für eine Vorverlegung plädiert hatte, will das Thema beim Rat der EU-Finanzminister am Montag dennoch zur Sprache bringen. Bettina Langer