: Die Ersatzbewerber stehen schon Schlange
■ Salt Lake City wird als Austragungsort der Winterspiele 2002 zunehmend in Frage gestellt
„Wir haben alles erwartet, nur keine Korruption in Salt Lake City, der geistigen Hauptstadt der Mormonen.“ Bo Victor aus Östersund, das bei der Bewerbung für die Winterspiele 2002 an Salt Lake City gescheitert war, spricht nicht nur den damaligen Mitbewerbern, sondern auch vielen Bürgern der Hauptstadt von Utah aus dem Herzen, die mit Staunen sehen, was so alles ans Licht der Öffentlichkeit kommt. Reihenweise gibt es Rücktritte aus dem Organisationskomitee der Spiele (SLOC), und nun hat sogar Bürgermeisterin Deedee Corradini keine Lust mehr zu einer weiteren Amtszeit. Nicht wegen des Olympiaskandals, sagt sie, nur glauben mag ihr niemand.
„Die Liste der Zahlungen ist lang“, hatte der vergangene Woche zurückgetretene SLOC-Präsident Frank Joklik die weitreichende Korruption eingeräumt, und auch Tom Welch, der an Jokliks Seite für den Zuschlag vom IOC kämpfte, plaudert munter aus dem Nähkästchen. Hier 50.000 Dollar für Jean- Claude Ganga aus dem Kongo „zugunsten notleidender afrikanischer Kinder“, dort 10.000 Dollar für den Chilenen Fantini für seine Bürgermeisterwahlkampagne, dazu Hubschrauberflüge, Schönheitsoperationen, Studienplätze, Gewehre, Barzahlungen und Liebesdienste durch Prostituierte, deren Finanzierung die fromme Mormonengemeinde und die Geldgeber besonders in Rage bringt. Ein Sponsor schob eine Zahlung von fünf Millionen Dollar erst mal auf, das Aufbringen der fehlenden 250 Millionen für den Olympiateat dürfte schwierig werden.
Dabei kann als sicher gelten, daß Salt Lake City kaum mehr tat als andere Bewerber, zumal die Vergabe der Spiele an die Stadt ohnehin relativ klar war, nachdem sie zuvor überraschend an Nagano gescheitert war, wo Milliardär Tsutsumi mehr zu bieten hatte. Zum Verhängnis wird den Amerikanern ihre sorgfältige Buchführung und die Geständigkeit der Beteiligten – Dinge, die etwa bei der Aufarbeitung der Berliner Bewerbung nicht zu finden waren. Reißwolf und Gedächtnisschwund hatten da treue Dienste geleistet.
Das IOC ist trotz der Enthüllungen weiter entschlossen, die Spiele 2002 in Salt Lake City stattfinden zu lassen, auch wenn sich schon die ersten Ersatzbewerber angeboten haben. Nach Calgary, Olympiastadt 1988, erklärte gestern auch Lillehammer, das 1994 Veranstalter der Spiele war, seine Bereitschaft. Matti
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