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Ein Redakteur der ersten Stunde

„Stationen eines politischen Lebens“: der Journalist Axel Eggebrecht in der Staatsbibliothek  ■ Von Britta Peters

Es gibt Namen, die kennt man irgendwann, ohne genau zu wissen, warum. Axel Eggebrecht ist so einer, zumindest für die jüngere Generation. Den älteren ist er als Radiomann vertraut, als unermüdlicher Kommentator des politischen und des alltäglichen Lebens in seiner Sonntags-Sendung Axel Eggebrecht spricht. Die Senioren erinnern ihn als einen, der nach dem Krieg den Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) mit aufgebaut hat, und als engagierten Berichterstatter über den Bergen-Belsen Prozeß in Lüneburg. Wer sich für Politik interessiert, weiß sowieso Bescheid: Axel Eggebrecht, ehemaliger Redakteur der Weltbühne, das war einer der ganz Großen.

Am 10. Januar dieses Jahres wäre der Hamburger Journalist hundert Jahre alt geworden. Die Staats- und Universitätsbibliothek hat dieses Datum zum Anlaß genommen, aus Teilen des in der Handschriftensammlung verwalteten Nachlaßs eine umfangreiche Dokumentation zusammenzustellen. Die ausgewählten Manuskripte, Briefe, Bild- und vor allem die Tondokumente geben ein lebendiges Zeugnis vom Wirken des „zornigen alten Manns“, der 92jährig in Hamburg starb.

Der politische Werdegang des „letzten Linken“ (Peter von Zahn) beginnt mit kurzem Engagement rechts außen. Als 21jähriger unterstützt Eggebrecht den Kapp-Putsch der Nationalisten. Abgestoßen von dem dort herrschenden Antisemitismus, wendet er sich bald wieder ab und wird noch im selben Jahr Mitglied der KPD. Seine „geistige Heimat“, wie er selbst sagte, findet er jedoch erst 1925 bei den parteiunabhängigen, linksintellektuellen Redakteuren der Weltbühne, unter ihnen auch Kurt Tucholsky und Carl von Ossietzky.

Während des Nationalsozialismus' bleibt Eggebrecht in Deutschland. 1933 wird er verhaftet und wegen „Führerbeleidigung“ erst im Amtsgefängnis Zittau und später im KZ Hainewalde festgehalten. Nach gut zwei Monaten kann sein Vater die Freilassung bewirken. Der mittlerweile mit Schreibverbot belegte Journalist bewirbt sich 1934 erfolgreich als Drehbuchautor bei der Reichsschrifttumskammer – eine Nische zum Überleben.

Von 1933-1945 werden 23 seiner Drehbücher verfilmt, wobei Bel Ami einer der wenigen Titel ist, der auch international bekannt wurde. Die später erfolgten Vorwürfe, er habe durch seine Arbeit das Regime unterstützt, weist Eggebrecht zunächst mit der Behauptung zurück, es habe im „Dritten Reich“ einen unpolitische Unterhaltungsfilm gegeben. In den 70er Jahren zeigt er sich in diesem Punkt einsichtiger.

Die Aufbaujahre beim NWDR beschreibt der moderne Aufklärer als seine schönste Zeit. Die Atmosphäre ändert sich jedoch, als der NWDR 1949 vom englischen Besatzungssender in eine Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt wird. Von nun an bestimmen Institutionalisierung, Bürokratisierung und parteipolitische Vereinnahmung die Stimmung in der Redaktion. Als mit Herbert Blank ein wegen seiner NS-Vergangenheit umstrittener Journalist zum kommissarischen Intendanten berufen wird, spitzt sich der Konflikt zu. Genau gegen diese Form der Verdrängung und Wiederinstallation alter Machtstrukturen hatten die „Redakteure der ersten Stunde“ jahrelang gekämpft, und nun wurde ihnen der Feind direkt vor die Nase gesetzt. Eggebrecht kündigt und arbeitet erst nach Blanks Ablösung wieder als freier Mitarbeiter für das Hamburger Funkhaus. 1968 schreibt der inzwischen 69jährige an eine Freundin: „Ich bin publizistisch eher noch emsiger als früher ... Man läßt mich noch immer unbehelligt reden, was ich reden will – erstaunlich. Aber als Greis genießt man wieder ähnliche Narrenfreiheit wie als rabazender Student.“

bis 27. Februar, Katalogsaal der Staatsbibliothek ; Literatur: Thomas Berndt, „Nur das Wort kann die Welt verändern. Der politische Journalist Axel Eggebrecht“, Herzberg 1998, 186 Seiten, 30 Mark

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