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„Jetzt spricht der örtliche Abgeordnete“

■ Beim bündnisgrünen Wahlkampfauftakt in Hessen brilliert Außenminister Fischer wie in alten Tagen

Frankfurt/Main (taz) – Unter glitzernden Faschingsgirlanden feierten die hessischen Grünen am Dienstag abend in Frankfurt ihren Wahlkampfauftakt. Die Dekoration im vollbesetzten großen Saal des Bürgerhauses Bornheim paßte. Bundesaußenminister Joschka Fischer gab das Debüt im neuen Amt in seiner Heimatstadt, als sei er nie weggewesen: spontanistisch, kabarettistisch und unter dem feinen grauen Zwirn ganz der alte. Die mittlerweile in 30 Jahren Widerstand auch grau gewordenen Zwischenrufer aus der Hausbesetzer- und Anti-Startbahn-Szene waren auch da: „Kriegstreiber! Kapitalistenknecht! Verräter!“ Turbulenzen, Chaos, Lehrerinnen brüllten „Ruhe!“ wie im Klassenzimmer. Der Außenminister war sichtlich selig. „Du bist ein Polemiker“, schreit es aus dem Parkett. „Jaa, das bin ich!“ haucht er wonnevoll ins Mikrofon. Der Saal kocht, die große Mehrheit will Fischer bejubeln. Und der Außenminister bürstet gegen den Strich, schützt die Zwischenrufer, bittet sie aufs Podium, reagiert und spielt Katz und Maus mit ihnen.

Dabei hatte der Abend eher brav begonnen. Die heimische Parteiprominenz, Hessens Umweltministerin Priska Hinz und Justizminister Rupert von Plottnitz, arbeiteten sich ohne größere rhetorische Höhepunkte durch Parteiprogramm und -geschichte. Das zentrale Thema für den Landtagswahlkampf hatte ohnehin CDU- Spitzenkandidat Roland Koch mit der von ihm forcierten Unterschriftensammlung gegen die doppelte Staatsbürgerschaft vorgegeben. „Reaktionär“ schimpfte ihn Hinz, „Maulheld“ von Plottnitz. Sie geißelten die Steilvorlage des Gegners mit fast an Dankbarkeit grenzender Empörung.

Vorstandssprecherin Gunda Röstel, als Wahlhelferin aus Bonn angereist, kämpfte außer gegen den Kochschen „Wilhelminismus“ gegen Husten, Heiserkeit und gegen ihre Rolle als Vorrednerin des mit Spannung erwarteten Parteikollegen Fischer. Bei seinem Eintreffen verhaspelte sie sich: „Der stellvertretende Vizepräsident ist gekommen.“ Der Frankfurter Umweltdezernent und Landesvorsitzende Tom Koenigs lag kurz darauf auch nicht viel besser, als er seinen alten Kampfgefährten Fischer mit den Worten ankündigte: „Jetzt spricht der lange erwartete örtliche Abgeordnete.“

Einig waren sich alle RednerInnen über die nach wie vor bündnisgrünen Zielvorstellungen: den Ausstieg aus der Atomenergie, in Hessen „ein klares Nein“ zum Bau der Flughafen-Nordbahn, die Einführung der Ökosteuer und die erleichterte Einbürgerung.

Als große Niederlage seiner Partei gegenüber dem Bonner Koalitionspartner wertete Fischer, daß keine Verbesserungen im Asylrecht erreicht worden seien. Als Außenminister rechtfertigte er noch einmal ausdrücklich den Nato-Einsatz in Krisengebieten und die Bombardierung des Irak.

Tom Koenigs moderierte mit Lederjacke und blickte manchmal so sehnsüchtig auf die Kritiker, als vermisse er die Saalschlachten vergangener Jahre. Nur die Bodyguards, die den Außenminister begleiteten, lehnten am Ende der furiosen Veranstaltung fast verschreckt an der Seitenwand. Heide Platen

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