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„Wir wollen nur einkaufen“

■ Mercado in Ottensen unter ausgeprägter Anteilnahme der AnwohnerInnen eröffnet / Überzogener Polizeieinsatz Von Kai von Appen

Mit viel Tam-Tam ist gestern der Rohbau des Mercado-Einkaufs-center (auch als „Hertie-Quarree“ bekannt) über dem ehemaligen jüdischen Friedhof in der Ottenser Hauptstraße eingeweiht worden. Aber nicht nur das undichte Dach, durch das der pünktlich einsetzende Regen platschte, auch die Proteste der Mercado-Gegner sorgten bei den Kaufrauschlustigen nicht für die richtige Einkaufsstimmung.

In Flugblättern hatten Mercado-Gegner Proteste angekündigt und zum „kollektiven Einkauf“ aufgerufen. Die Anwohnerinitiative befürchtet, daß im Sog des Konsumtempels steigende Mieten zu einer Verdrängung sozial Schwacher aus dem Viertel hinter dem Altonaer Bahnhof führen würden (taz berichtete).

Aber erst zwei Zivilfahnder sorgten für die Organisierung der zunächst orientierungslos herumlaufenden Mercado-GegnerInnen, als sie aus nicht nachvollziehbaren Gründen einer Person den Personalausweis wegnahmen. Sofort bildete sich eine Menschentraube, es kam zu heftigen Rangeleien, die Person wurde abgeführt. Der Sicherheitsdienst ging sogar gegen Jounalisten vor: „Keine Fotos!“

Der angekündigte Kollektiv-Einkauf in einem Möbelgeschäft sorgte am Nachmittag für heftige Verwirrung. Ein Verkäufer versuchte, „Herr der Lage“ zu bleiben. „Kein Streß“, mahnte er noch, als ein brechreizerzeugender Geruch durch den ersten Stock zog: Buttersäure. Spezialreinigungstrupps nahmen die Arbeit auf, um den Gestank einzudämmen.

Derweil bildete sich vor dem Haupteingang eine 60köpfige Menschentraube, Sprechchöre hallten durch die Fußgängerzone: „Mercado raus aus Ottensen“ und „Feuer, Feuer, Feuer“. Verwirrung nicht nur bei den Einkaufenden, auch die Polizei wußte nicht so recht, was sie machen sollte. Als sie sich entschloß, den Eingang zu räumen, durchbrachen die AktivistInnen die Kette: „Wir wollen einkaufen!“

Vor allem in einer Parfümerie und in der Kaufhalle sollte dieses dringende Bedürfnis verwirklicht werden. Während im Kaufhaus „Szenefrauen“ die neuesten Mieder und Gels ausprobierten, versperrten PolizistInnen den Eingang zur Parfümerie. Beteuerungen, frau wolle dringend ein neues Parfüm haben, bringen nichts.

Kollektiver Einkauf auch bei „Hennes & Mauritz“. Doch hier waren die Ordnungshüter bereits auf den Besuch vorbereitet. Auf ein Dutzend Menschen, die Gutscheine einlösen wollten, gingen genervte Polizisten mit Hunden los, die allerdings Maulkörbe trugen. Die Beamten wurden jedoch von Vorgesetzten zurückgepfiffen, bevor es Verletzte gab.

Nach dem ersten Einkaufsbummel fand eine Demonstration vor dem Einkaufspalast statt, die bei Redaktionsschluß noch nicht beendet war.

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