: Kollegenschutz ist Tierschützerpflicht
■ Hearing zum Hochschulgesetz: Tierschutzbestimmung soll Tierversuche reduzieren / Tierschutzbeauftragter skeptisch
Das Votum war klar: „Die Einschränkung notwendiger Tierversuche ist abzulehnen.“ Abzulehnen sei damit auch, Alternativen zu Tierversuchen durch ein künftiges Bremer Hochschulgesetz (BreHG) besonders zu fördern: „Damit würde man Forscher einer ganzen Berufsgruppe diskreditieren.“ Dieses Votum war beim gestrigen Sachverständigen-Hearing zu Tierversuchen an Bremens Hochschulen vom Tierschutzbeauftragten der Uni Bremen, Pörkner, zu hören.
Im Kreis der Mediziner, Juristen und Tierschützer, die den Bürgerschaftsabgeordneten gestern bei ihrer Meinungsbildung behilflich sein sollten, stand der Prof vom Alfred Wegener Institut mit seiner Auffassung jedoch ziemlich allein. Im Grundsatz nämlich unterstützten die restlichen sieben Sachverständigen einen Bürger- und zwei Parteienanträge, den Tierschutz im kommenden BreHG in eine gesetzliche Form zu gießen.
Gerufen hatte der Ausschuß „Hochschulrecht“ auf Antrag der Grünen-Fraktion, damit die Fachfrauen und -männer ihre konkurrierenden Gesetzentwürfe für's Spezialproblem Tierschutz im BreHG noch einmal ordentlich gegenlesen. Ins Rollen gebracht worden war die Diskussion vom Bremer Tierschutzverein. Dessen Bürgerantrag auf eine Reduktion von Tierversuchen in Forschung und Lehre hatten rund 55.000 BremerInnen unterzeichnet.
„Schwammige Begrifflichkeit“ und Zaghaftigkeit warf der Referent vom Tierschutzzentrum der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Hansjoachim Hackbarth allen drei konkurrierenden Entwürfen vor. Tierversuche zum Zwecke der Lehre seien sowieso schon vom deutschen Tierschutzgesetz verboten. So forderte Hackbarth die Abgeordneten denn auch zur Konkre-tion auf: „Lassen Sie sich den Tierschutz an Bremens Hochschulen was kosten und treiben Sie die Suche nach Ersatzmethoden voran.“ „Beschämend“ sei es, daß sich Bremens Hochschulen keinen hauptamtlichen Tierschutzbeauftragten leisten. Ähnlich konkret dann die Forderung von Peter Schönhöfer, Direktor für klinische Pharmakologie am St.-Jürgen-Krankenhaus, nach einem inneruniversitären Kontrollgremium.
Die Abgeordneten Hermann Kuhn (Grüne) und Carmen Emigholz (SPD) versprachen Nachbesserungen, sahen ihre Gesetzentwürfe jedoch grundsätzlich bestätigt. Und auch Uni-Rektor Jürgen Timm hatte grundsätzlich keine Einwendungen gegen eine Selbstverpflichtung der Uni, ihre Tierversuche weitestmöglich zu reduzieren. Bauchschmerzen hingegen würde ihm der von Grünen und SPD geforderte Schutz von Studenten bereiten, die sich der Tötung von Tieren verweigern.
„Wir werden niemals ohne Tierversuche auskommen“, fundamentalisierte hingegen sein Tierschutzbeauftragter Pörksen – und die Politik sei dafür zuständig, daß diese Schlüsseluntersuchungen durchgeführt werden: „Die Welt verändert sich ständig; das ist unser Schicksal.“ Auch die Entscheidung über Tierversuche könne er seinen fachlich qualifizierteren Kollegen nicht abnehmen. Da sei das deutsche Tierschutzgesetz wohl tierfreundlicher als Bremens Tierschutzbeauftragter, kommentierte die grüne Abgeordnete Helga Trüpel. ritz
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