Auto Schrott? Umsatteln!

■ Probeweise ökologisch: KFZ-Werkstatt in Bergedorf bietet für die Dauer der Auto-Reparatur kostenlos Fahrräder als Ersatzmobil an Von Ludger Hinz

Das Auto Schrott und Spaß dabei? In dieser Stimmung gibt sicher kaum jemand sein gerade in die Rabatten gesetztes Vehikel in der KFZ-Werkstatt ab. Nein, die weinenden Besitzer der vierrädrigen Karossen treten meist leise vor sich hinschluchzend den Weg nach Hause an – und zwar in einem Leihwagen. Dabei lassen sie die Vorteile einer zeitweilig außer Betrieb geratenen Dreckschleuder – weniger Schadstoffbelastung der Luft, weniger Lärmbelästigung und Bedrohung von Passanten und zudem die Entlastung des Geldbeutels – häufig völlig außer acht.

Zum Umdenken will nun Ingolf Werth, Geschäftsführer der KFZ-Werkstatt „Auto-Dock“ in Bergedorf, seine Kundschaft inspirieren. Denn bei ihm heißt es seit neuestem: umsatteln. Als Alternative zum Leihwagen während der Reparaturzeit empfiehlt er das Fahrrad. Wer sein Auto bei Werth wieder flott machen läßt, kann für diese Zeit kostenlos einen Drahtesel in Empfang nehmen. Das Angebot macht die Werkstatt seit Anfang Oktober, damit die Kunden in der näheren Umgebung mobil bleiben können. Billiger ist das allemal: Mieteten sich die geplagten KundInnen während der Reparatur einen Leihwagen, müßten sie pro Tag circa 40 Mark berappen. Für das Fahrrad übernehmen sie nur die Haftung im Falle eines Falles.

Ein Blick auf die Bergedorfer Infrastruktur zeigt, daß ein solches Angebot auch durchaus sinnvoll ist. Allein der Weg von der Werkstatt bis zur S-Bahn-Station dauert mit dem Bus 17 Minuten. Dabei ist der zusätzliche Fußweg von zehn Minuten gar nicht mitgerechnet. „Mit dem Fahrrad schafft man das alles in etwas mehr als zehn Minuten“, schätzt Ingolf Werth. Außerdem bleibe man nicht im Stau stecken und müsse keinen Parkplatz suchen.

Der ungewöhnliche Meisterbetrieb reagiert mit seiner Idee auf den wachsenden Konkurrenzdruck innerhalb der KFZ-Branche. Da diese gerade in Umweltfragen als reaktionär gelte und in konventionellen Arbeitsweisen verhaftet sei, seien pfiffige Ideen gefragt.

Auch dem öffentlichen Nahverkehr erweisen die Auto-Reparateure mit dieser Aktion einen Dienst, indem sie ihre Kunden zur Nutzung von Bussen und Bahnen animieren.

Derzeit hängen fünf Räder mit Dreigang-Schaltung neben dem Eingangstor in der Auto-Werkstatt. Sollte sich der Einfall bewähren, so denken die Initiatoren bereits an Expansion. Demnächst wird erstmal der Komfort gesteigert: Die Gefährte sollen außer mit Fahrradkörben auch mit Kindersitzen und Handstulpen am Lenker gegen die Kälte im Winter hochgerüstet werden – auf daß man auch in der eisigen Jahreszeit etwas leichter auf die Dreckschleuder verzichten kann.