: Doch kein Bio-Diesel
■ Norddeutsches Raps-Öl muß nicht nach Kohl schmecken Von Ludger Hinz
Gibt es auch „Grobes deutsches Rapsöl“? Oder ist die Bezeichnung „Feines deutsches Rapsöl“ eine verniedlichende Wertung durch den Hersteller, um den KäuferInnen sein Produkt schmackhaft zu machen – mit anderen Worten eine Umschreibung für „Gutes deutsches Rapsöl“?
„Feines deutsches Rapsöl“ ist jedenfalls „die“ Neuheit auf dem Lebensmittelmarkt, die in sieben großen deutschen Städten an den Mann oder die Frau gebracht wird – nun auch in Hamburg. Die KundInnen müssen sich jedoch in die Mönckebergstraße bemühen, wo es einstweilen nur in der Lebensmittelabteilung eines Kaufhauses in handelsüblichen 0,75-Liter-Flaschen erhältlich ist.
Eigentlich gibt es Rapsöl schon ganz lange überall zu kaufen – nur gemerkt hat das bislang niemand. Denn es war seit Mitte der 70er Jahre unter dem Oberbegriff „Reines Pflanzenöl“ in den Lebensmittelregalen versteckt. Und es machte nur etwa 30 Prozent des bisher verkauften Speiseöls aus. Daß ein Vertrieb dieses reinen Rapsöls erst jetzt geschieht, liegt nach den Worten der Diplom-Agraringenieurin Wiebke Wegner vom Rapszüchterverband „Norddeutsche Pflanzenzucht“ hauptsächlich daran, daß es erst jetzt gelungen sei, den schlechten Kohlgeschmack aus dem Raps herauszuzüchten. Da das Öl dieser Pflanze auch in der Industrie beispielsweise bei Lacken oder als „Bio-Diesel“ verwendet wird, müsse gegen ein schlechtes Image angekämpf werden: „Wir müssen den Leuten die Vorstellung nehmen, sie schluckten irgendwelche Chemie. Das stimmt nicht“, behauptet Wegner.
Die Raps-Speiseölsorte wird größtenteils mit anderen Speiseölen gemischt, die nicht den Qualitätsmerkmalen des Rapsöls entsprechen. Es gibt beispielsweise Maiskeim, Oliven-, Nuß-, Diestel- oder Leinsamen-Öl, die alle den Ruf der Speiseöle durch ihre „Dickmacherqualitäten“ schmälern. Die positiven Eigenschaften der Raps-Variante sind hingegen außerordentlich vielfältig, wie die Produzenten betonen. So ist Rapsöl das Speiseöl mit dem höchsten Anteil an ungesättigten Fettsäuren. Da der Körper diese nicht selbst produzieren kann, bildet es eine wertvolle Ergänzung zum Speiseplan und wirkt unter anderem cholesterinspiegelsenkend. Deshalb findet das Rapsöl auch in allem, was zum Kochen geeignet ist, Verwendung. In Margarine und Mayonnaisen ist es genauso enthalten wie in vielen Marinaden und Feinkostsalaten.
Da aber in der heutigen, hoch-technisierten Zeit bei den Verbrauchern ein steigendes Bedürfnis nach dem Wissen um Herkunft und Produktart festzustellen sei, so die besorgten Hersteller, haben sie sich jetzt dazu entschlossen, gemeinsame Sache zu machen: Neben der „Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft“ (CMA) haben sich einige Speiseölhersteller und -anbieter mit Handelsketten und -häusern zusammengetan. Sie produzieren nun reines Rapsöl und „pushen“ ihr Produkt in den Lebensmittelabteilungen größerer Kaufhäuser in der Gunst der Käufer nach oben – und verteilen für den Geschmackstest auch schon mal Kartoffelsalat gratis an die Passanten in der Mönckebergstraße. Angemacht natürlich mit Rapsöl.
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