„Klebe nicht an meinem Sessel“

■ taz-Interview mit dem Mann, der Uwe Seeler im Wege stehen soll: Noch-HSV-Schatzmeister Gerhard Flomm

Vor zwei Jahren wurde Gerhard Flomm noch mit 90 Prozent der Stimmen zum Schatzmeister des HSV gewählt. Von derlei Sympathie kann der ehemalige Bürgermeister von Halstenbek derzeit nur träumen. Seit der Weigerung, zusammen mit HSV-Vizepräsident Hans Schümann Platz für Uwe Seelers Dream Team zu machen, werden die beiden massiv bedroht. Die taz sprach mit ihm über die Situation beim HSV.

taz: Seit Dienstag müssen Sie ordentlich einstecken. Man drohte, Ihr Haus anzuzünden. Wie werden Sie damit fertig?

Gerhard Flomm: Ein bißchen Abstand hat man schon, obwohl es immer noch unter die Haut geht. Die Pressekampagne in Hamburg ist nicht abgeebbt, und man weiß nicht, wie die sportliche Entwicklung weitergeht, und ob das ganze Drama sich wiederholt, wenn die Mannschaft in Uerdingen verliert (das Bundesligaspiel war gestern abend erst nach Redaktionsschluß beendet; die Red.). Dann bricht der Zorn wieder durch, wird von der Bild-Zeitung erneut angeschoben, und die Fans werden zum Protest aufgerufen.

Wie erklären Sie sich den Aufruhr?

Unsere Demokratie hat sich noch nicht so entwickelt, daß man bestimmte Strukturen akzeptiert. Wir haben den eingetragenen Verein. Der gehört nicht der Bild-Zeitung oder dem Präsidium, sondern den Mitgliedern. Die haben Rechte, die man akzeptieren muß – auch jeder Außenstehende.

Also auch Uwe Seeler.

Ich bin dafür und gönne es ihm, daß er Präsident wird. Aber auch er muß akzeptieren, daß es eine Mitgliederversammlung gibt. Wir sind im Amt und haben ihm das Angebot gemacht, mit uns gemeinsam bis zur Jahreshauptversammlung am 27. November die Geschäfte zu führen. Wenn die Satzungsänderung dann durchgeht, kann das so laufen.

Das hörte sich am Dienstag aber ganz anders an. Da sprachen Sie von einer „Vergewaltigung der Mitglieder“.

Ich kann den geplanten Aufsichtsrat akzeptieren. Aber der soll auf Vorschlag des Kandidaten Uwe Seeler in einem Block gewählt werden, was ein merkwürdiges Demokratieverständnis ist. Falls die Satzung nicht durchgeht, will er sofort zurücktreten. Das ist Erpressung.

Sie haben gesagt, Seeler sei „heiß gemacht worden“. Mit welcher Intention?

Das weiß ich nicht. Die Bild-Zeitung hat mit ihrer „Uwe, pack's an!“-Kampagne Seeler gedrängt, in diesen Job reinzugehen. Die wollen bestimmen, was im HSV passiert. Dafür haben sie sich Uwe ausgeguckt und ihn solange bearbeitet, bis er dem Druck nicht mehr standhalten konnte.

Für Einflüsterungen scheint Uns Uwe anfällig zu sein. Momentan wirkt er wie fremdgesteuert.

Wer Uwe und seine Art kennt (Flomm ist seit 1958 HSV-Mitglied; die Red.), kann eigentlich gar nicht nachvollziehen, wie er zur Zeit so spontan reagiert und was sich da wirklich hinter den Kulissen abgespielt hat, wer ihn in diese starre Haltung hineingepreßt hat, „alles oder nichts“ zu sagen. Er hat uns aufgefordert, sofort zurückzutreten.

Man muß aber erwarten können, daß er eine Marschrichtung vertritt, die seinem ganzen Naturell entspricht. Das klang wirklich ein bißchen so, als ob das nicht seine Worte waren.

Vielleicht die des filzerfahrenen Volker Lange, der Vize-Präsident werden soll?

Das wäre genauso bösartig wie die Unterstellung, daß ich mich hier selbst bediene.

Aber Sie kennen doch seine politische Karriere. Selbst der kicker bezeichnet den ehemaligen Senator als „Hardliner“.

Ich äußere mich nicht dazu, welche Rolle er im Hintergrund spielt. Ich will nicht Leute demontieren, die mit mir bislang keine Berührungspunkte hatten (Lange ist seit 1.8.95 HSV-Mitglied; die Red.). Es stimmt mich nur nachdenklich, wie Uwe in diese Haltung hineingetrieben worden ist.

Ich weiß auch nicht, welche Rolle unser Vereins-Mitglied Harry Bähre dabei spielt (der als neuer Vizepräsident vorgesehen ist; die Red.).

Trainer Benno Möhlmann bezeichnet ihn ganz offen als „Intriganten“.

Harry ist immer bei den Siegern.

Sie nicht. Die Jahreshauptversammlung könnte ebenfalls eine Enttäuschung für Sie werden. Was werden Sie dann tun?

Da wird für mich Schluß sein, egal was kommt. Ich klebe ja nicht an meinem Sessel. Das hier muß ich mir auf Dauer nicht gönnen. Ich gehe aber mit stolz erhobenem Haupt hier raus.

Fragen: Clemens Gerlach und Olaf Zühlke