: Der karge Lohn der Geduld
■ Verspätete Züge: Kaffee ist selten, aber manchmal gibt's Geld
„Verehrte Fahrgäste! Aufgrund einer Betriebsstörung verzögert sich die Weiterfahrt des Zuges um unbestimmte Zeit. Wir bitten um Ihr Verständnis.“ Da kommt Freude auf! Köpfe werden aus den Fenstern gesteckt, um wenigstens einen klitzekleinen Hinweis auf den Grund zu erspähen, der einem die Tagesplanung durcheinanderbringt. Wer hat, greift zum Handy, das gemeine Volk kommt unentschuldigt zu spät. Vom Zugpersonal keine Spur, dafür nach einer Stunde die Durchsage, daß es voraussichtlich in 15 bis 20 Minuten weitergeht.
Ab wann sich derartige Situationen wenigstens finanziell lohnen, hängt von der Zugart ab: Im ICE erhalten die Fahrgäste ab 30 Minuten Verspätung den Aufschlag in Form eines Gutscheins erstattet; in Intercitys oder Interregios muß man 90 Minuten ausharren. Wenn dann noch Heizung oder Beleuchtung ausfallen, gibt's direkt vor Ort einen „Pünktlichkeitsgutschein“ über 50 Mark, der beim nächsten Fahrscheinkauf angerechnet wird. Wer sich dagegen auf dem Bahnhof die Beine in den Bauch wartet, hat keinen Anspruch auf Entschädigung – „wir bringen die Beförderungsleistung ja“, argumentiert die Bahn. Allerdings ermögliche man im Einzelfall Kulanzregelungen. Es lohnt also, sich hinterher an die Erstattungsstellen in den Reisezentren zu wenden. Wer von der Warterei die Nase voll hat, kann auch auf die Weiterfahrt verzichten und den Fahrpreis zurückverlangen.
Verpaßt man aufgrund einer Verspätung den letzten Anschlußzug und sitzt mitten in der Nacht in Hintertupfingen fest, „bemüht“ sich die Bahn, den Fahrgast per Bus oder Taxi an sein Ziel zu bringen. Gegebenenfalls wird auch eine Hotel-übernachtung bezahlt, aber „einen Anspruch gibt es darauf nicht“, betont das „Serviceunternehmen“.
Genausowenig wie auf heiße Getränke oder kleine Leckereien, die einem die Wartezeit versüßen könnten. Diese kostengünstige und ungemein wirksame Methode zum Besänftigen verärgerter Fahrgäste setzt die Bahn derzeit noch selten ein, versichert aber, „daß wir diese Anregung aufnehmen“.
Wer weitere Ideen zum Thema Verspätungen hat oder einfach nur meckern will, kann das bundesweite Qualitäts-Telefon anrufen unter Tel.: 0130/73 96 96. hedi
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