Gefälschte Monatskarten vom BVG-Schalter

■ Ende Februar muß sich ein Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe wegen Wertzeichenfälschung vor Gericht verantworten. Er soll etwa ein Dutzend gefälschter Marken verkauft haben. BVG unternimmt "Testkäufe

Erstmals steht ein BVG-Mitarbeiter wegen des Verkaufs von gefälschten Monatskarten vor Gericht. Ende Februar muß sich ein Mann, der mittlerweile in Rente ist, wegen Verkaufs eines knappen Dutzends gefälschter Karten verantworten. Diese soll er zwischen September und November 1997 an einem BVG-Schalter in Steglitz veräußert haben. Aufgeflogen war der Betrug, so Justizsprecher Matthias Rebentisch, nachdem mehrere Fahrgäste, die bei Kontrollen mit gefälschten Marken angetroffen worden waren, ähnliche Aussagen zum Erwerb ihrer Karten gemacht hatten. Normalerweise wird die Angabe, die Karte an einem BVG-Schalter gekauft zu haben, als Schutzbehauptung zurückgewiesen. „Doch hier spricht die Zahl der Fälle für sich“, so Rebentisch. Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe.

Die Aufklärungsquote im Bereich Wertkartenfälschung, die mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft wird, liegt nach Angaben der Polizeipressestelle bei 0,1 Prozent. Die Zahl der Verfahren indes steigt an. Gab es 1996 448 Fälle, waren es ein Jahr später bereits 1.194. Um die Ermittlungen zu zentralisieren, wurde im Dezember 1997 beim Landeskriminalamt eine Ermittlungsgruppe „Wertzeichenfälschung“ eingerichtet. Deren Leiter spricht von einem „stark entwickelten Markt“ und einer „hohen Dunkelziffer“. Der BVG entsteht durch Schwarzfahren ein jährlicher Schaden von etwa 50 Millionen Mark.

Der letzte große Coup gelang der Ermittlungsgruppe erst kürzlich. Am 22. Dezember erwischten Beamte des Bundesgrenzschutzes bei einer Kontrolle im Bahnhof Zoo einen 18jährigen Hilfsarbeiter mit einer gefälschten BVG-Karte, die in eine Serie von sichergestellten Fälschungen paßte. Bei anschließenden Wohnungsdurchsuchungen bei zehn weiteren Beschuldigten konnte die Polizei gefälschte BVG-Marken sowie Computeranlagen sicherstellen. Später stellte sich heraus, daß ein 35jähriger Marzahner seit Ende 1997 mit Hilfe seines Computers BVG- Marken in großem Umfang gefälscht hat. Die beiden Männer erhielten Haftbefehle.

Um zu verhindern, daß das eigene Personal gefälschte Marken unter die Leute bringt, führt die BVG nach Angaben von Pressesprecherin Barbara Mansfield inzwischen Testkäufe durch BVGler in Zivil an Fahrkartenschaltern durch. „Wir beobachten die Fälschungssicherheit sehr genau“, so Mansfield.

Derzeit sucht eine Frau über eine zitty-Anzeige Leute, deren Monatskarte sich wie bei ihr als Fälschung herausgestellt hat. Die Hebamme Inge Lang hat nach eigenen Angaben Ende Oktober vergangenen Jahres am Schlesischen Tor eine November-Monatskarte erworben, die sich bei einer Kontrolle als Fälschung erwies. Gegen die 32jährige wurde von Amts wegen Anzeige wegen Wertzeichenfälschung erstattet. „Die BVG soll dafür sorgen, daß es am Schalter echte Karten gibt“, schimpft Inge Lang. Denn ohne Zeugen oder Quittung für den rechtmäßigen Erwerb wird ihre Aussage als Schutzbehauptung angesehen. BVG-Pressesprecherin Mansfield bot bereits eine „bilaterale Regelung“ an. Denn: „Wir können nicht ausschließen, daß so etwas passiert.“ Barbara Bollwahn de Paez Casanova