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Kampf um den Kartoffelbunker

■ Bürgerinitiative in Pusdorf droht Behörden mit der Einstellung ihrer Arbeit / Ist die Idee eines Stadtteilzentrums am Ende?

Eine Bürgerinitiative stellt den Behörden ein Ultimatum mit der Drohung, sonst die Arbeit einzustellen – das ist eine ungewöhnliche Verkehrung der gewöhnlichen Fronten. In Pusdorf will es der Verein Kartoffelbunker aber jetzt wissen: Unterstützt der Beirat noch die Zielvorstellung, in der früheren Lagerhalle am Westerdeich, die zuletzt vom ASB als Großgarage und für den Katastrophenschutz genutzt wurde, ein „Stadtteilzentrum“ auf ehrenamtlicher Basis oder gar ein Bürgerzentrum für die Stadtteile Woltmershausen und Rablinghausen zu entwickeln? Oder ist diese Idee, die seit sechs Jahren von dem Verein mit breiter Unterstützung im Stadtteil und im Beirat verfolgt wurde, heimlich aufgegeben worden?

Heute abend (Begegnungsstätte AWO) ist Beiratssitzung, und da will der Verein Kartoffelbunker es wissen. Im Hintergrund steht der Verdacht, „daß sie uns jahrelang verarscht haben“, sagt Vereins-Sprecher Meinhard Motzko unumwunden. Bis in das Jahr 1990 reicht der Rückblick auf das Engagement einer kleinen Gruppe von Pusdorfer Aktivisten. Der Beirat hatte nicht nur verbale Unterstützung, sondern einmal sogar 20.000 Mark bereitgestellt, Maizelt, Kinderspielplatz, Familientreffen wurden organisiert, der Schrotthändler Erwin Meyer spendete einen Fähranleger für Pusdorf. Bisher sprach nur gegen die Idee vom Stadtteilzentrum, daß die ehemalige Lagerhalle gar nicht frei war und vom Bund dem ASB kostenfrei zur Verfügung gestellt worden war. Über Kultur dagegen war mit dem Bund nicht zu reden.

Nun steht die Halle seit dem 1.1.1999 leer und beginnt zu verfallen. Und das mit dem Ergebnis, daß dem Verein Kartoffelbunker Strom und Wasser für die Außenaktivitäten auf der Wiese an der Weser weggenommen wurden. Dazu hat das Innenressort nun festgestellt, daß die Halle wahrscheinlich gar nicht dem Bund, sondern der Stadt Bremen gehört. Nun will der Verein Kartoffelbunker es wissen: Das traditionell erfolgreiche Maifest in Pusdorf findet in der Halle statt – oder gar nicht, hat der Verein beschlossen. Er will die Schlüssel für den Kartoffelbunker und die Zusage für einen Anschluß an die Kanalisation. Das wäre ein „Zeichen“ dafür, daß sein Engagement für das Stadtteilzentrum noch gewollt ist und zudem könnte das Maifest, wenn dadurch keine Kosten für ein teures Zelt entstehen, Geld in die Kasse für den Betrieb der Lagerhalle bringen.

Derzeit gibt es aber nur andere Zeichen. Nicht nur, daß der Zugang für Strom und Wasser abgesperrt ist, der gespendete Fähranleger wird nicht genutzt („Das ärgert Leute wie Erwin Meyer“, sagt Motzko) und vor allem scheint sich die Kulturbehörde gegen das Stadtteilzentrum entschieden zu haben. Der aus dem Kulturetat mit einer Viertelmillion Mark jährlich geförderte „Kulturladen Pusdorf“ nämlich sollte ein Drittel der Lagerhalle nutzen, das war ein Eckstein des Konzeptes. Der weitere Ausbau und die Einrichtung für das Stadtteilzentrum sollte kostengünstig mit viel freiwilligem Engagement Schritt für Schritt geleistet werden. Denn erstens wird für ein Stadtteilzentrum derzeit in Bremen kein Geld zur Verfügung gestellt, weiß Motzko, und zweitens entstehen ganz andere Bindungen im Stadtteil an ein solches Zentrum, wenn es „langsam und mit viel Eigenarbeit“ wächst.

In derselben Phase der langen Geschichte, in der deutlich wurde, daß die Lagerhalle „Kartoffelbunker“ frei wird, hat sich die Kulturbehörde entschieden, ihren Kulturladen nicht einzubringen in das Konzept. Für 450.000 Mark soll für den Kulturladen nun das frühere Kino „Blende“ wenige hundert Meter weiter umgebaut werden. Wenn soviel Geld dahin geflossen ist, so befürchten die Aktiven vom Verein Kartoffelbunker, dann steht für das Stadtteilzentrum erst recht nichts mehr zur Verfügung. K.W.

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