Die Regierung Kosovos sitzt im Exil

■ Bei den Untergrundwahlen 1992 bestimmten die Kosovaren ihre Führung. Seit den Neuwahlen hat das Parlament nicht mehr getagt

Sarajevo (taz) – Die kosovo- albanischen Institutionen entstanden nach der Aufhebung des Autonomiestatuts 1989 und der Etablierung eines Apartheidsystems durch den serbischen Staat. Mit den Untergrundwahlen 1992 wurde ein Parlament sowie mit Ibrahim Rugova ein Präsident gewählt. Das durch Verbote der serbischen Statsmacht in die Illegalität abgedrängte Parlament wählte im gleichen Jahr eine Regierung, deren Premierminister Bujar Bukoshi wurde. Seither steht er einer Exilregierung vor.

Die Regierung umschließt Ministerien für Finanzen, Schulwesen, Justiz, Gesundheitswesen, Inneres, für Information und seit neuestem eines für militärische Angelegenheiten. Den Ministerien stehen Koordinatoren vor, die wie der in Deutschland lebende Premierminister zum Teil im Ausland tätig sind: Die Ministerien für Finanzen, Justiz und Bildung sind in der albanischen Hauptstadt Tirana untergebracht, das Informationsministerium ist in Genf.

Immerhin gelang es durch diese Struktur, eine Untergrund- oder Schattengesellschaft zu schaffen. Vor allem im Gesundheitswesen und bei der Bildung konnten Erfolge erzielt werden.

Finanziert wird der Schattenstaat durch Spenden der kosovoalbanischen Emigrantenbevölkerung. Üblich ist ein Beitrag von 3 Prozent des Einkommens, das über die Exilregierung nach Kosovo fließt – größter Etatposten war bisher das Bildungssystem. Nach dem Beginn der Kämpfe spendeten viele Exilkosovaren zusätzlich Geld für die UCK. Weiterhin wird jedoch die freiwillige Steuer von 3 Prozent für die zivilen Projekte gezahlt.

Mit den Wahlen im März 1998 – wahlberechtigt waren alle Bewohner Kosovos über 18 Jahre – wurde ein neues Parlament gewählt und Rugova im Amt bestätigt. Dieses Parlament ist niemals zusammengetreten, der Präsident hätte das Recht, es einzuberufen. Deswegen wurde auch keine neue (Exil-)Regierung gewählt. Die Vorschläge Bukoshis (siehe Interview) beziehen sich darauf, wieder funktionsfähige und repräsentative Körperschaften zu entwickeln.

Weder der serbische Staat noch die internationale Gemeinschaft haben die Institutionen der Kosovaren bisher anerkannt. Dennoch wird Präsident Rugova auf internationaler Bühne faktisch wie ein Präsident seines Landes behandelt. Erich Rathfelder