: Kubanische „Berater“ zurück in Afrika?
■ Presseberichten zufolge unterstützen Kubaner die Regierungen in Luanda und Brazzaville. In Angola könnten sie die Erdölfelder schützen
Berlin (taz) – Nahezu zehn Jahre nach dem Ende des Ost- West-Konflikts schickt Kuba wieder Militärs nach Afrika. Mehrere hundert Kubaner mit beratender oder kämpfender Funktion sind nach Berichten aus den Bürgerkriegsländern Angola und Kongo- Brazzaville dort auf der Seite der jeweiligen Regierungen aktiv.
Die portugiesische Zeitung Diario de Noticias berichtete gestern aus Angolas Hauptstadt Luanda, 200 „Berater“ aus Kuba seien in Angola eingetroffen und arbeiteten unter anderem im Verteidigungsministerium. Ferner seien in einem aus der umkämpften Provinzstadt Malanje kommenden Flugzeug spanischsprechende Soldaten gesichtet worden.
In Angola herrscht seit einigen Monaten wieder Krieg zwischen der ehemals sozialistischen Regierung von Präsident Eduardo dos Santos und der Rebellenbewegung Unita. US-Kreise berichten seit Tagen, kubanische Truppen seien zur Verstärkung der Regierungsarmee nach Angola unterwegs. Die bereits in Luanda befindlichen kubanischen Militärs würden die Ankunft eines 3.000 bis 5.000 Soldaten starken Truppenkontingents vorbereiten. Die Kubaner sollten die Ölfelder um Soyo im Nordwesten des Landes schützen, in deren Richtung die Unita eine Offensive gestartet hat. Unter ihnen seien auch Bomberpiloten, die russische Flugzeuge fliegen sollten.
Sollte diese Entwicklung tatsächlich eintreten, wäre es eine Ironie der Geschichte. In den 70er und 80er Jahren kämpften 40.000 kubanische Soldaten in Angola für die Regierung gegen die damals von den USA und Südafrika unterstützten Unita-Rebellen. Angola war das Schlachtfeld für einen Stellvertreterkrieg zwischen den Supermächten. Diesmal würde eine kubanische Truppenentsendung in Angolas Ölfelder ausgerechnet dem Schutz der Aktivitäten US-amerikanischer Ölkonzerne in Angola dienen.
Daß sich Angolas Regierung Kuba wieder annähert, war in letzter Zeit mehrfach zu beobachten. Im August 1998 unterzeichneten beide Länder ein Abkommen zur Zusammenarbeit im Gesundheitswesen. Im Dezember 1998 lobte Präsident dos Santos auf dem Parteitag der regierenden MPLA die frühere brüderliche Hilfe aus Kuba in den höchsten Tönen.
In den zentralafrikanischen Konflikten unterstützt Angola zusammen mit Namibia, Simbabwe und Tschad den Präsidenten der Demokratischen Republik Kongo, Laurent Kabila. Kurz vor Ausbruch des Krieges in seinem Land im vergangenen Jahr hatte Kabila seinen Amtskollegen Fidel Castro in Kuba besucht. Die kongolesischen Rebellen, die gegen Kabila kämpfen, werden von den US- Verbündeten Uganda und Ruanda unterstützt. Diese beiden Staaten rüsten nach Überzeugung der angolanischen Regierung inzwischen die Unita auf.
Die Rückkehr Kubas nach Angola erfolgt pünktlich zum Rückzug der UNO aus dem Land, den UN-Generalsekretär Kofi Annan zu Wochenbeginn ankündigte. Vor zehn Jahren hatte die UNO ihre Militärpräsenz in Angola mit der Überwachung des Abzugs der letzten kubanischen Kampftruppen eingeleitet. Danach waren lediglich einige hundert Kubaner in Angola geblieben.
Aus den Reihen dieser afrikanisierten Kubaner soll auch eine weitere kubanische Intervention in Zentralafrika kommen. Nach Angaben aus Kirchenkreisen kämpfen 300 kubanische Söldner auf seiten der Regierung von Kongo- Brazzaville, des nördlichen Nachbarstaats Angolas an der Atlantikküste. Der dortige Präsident Denis Sassou-Nguesso kämpft mit Hilfe von Soldaten aus Angola und Tschad gegen Milizen seiner Vorgängerregierung, die er 1997 in einem Bürgerkrieg gestürzt hatte.
Die katholische Nachrichtenagentur Fides berichtet, die Zahl der Kubaner auf Regierungsseite sei vor wenigen Tagen von 200 auf 300 erhöht worden. Sie würden in einem Gebiet 20 Kilometer südlich der Hauptstadt Brazzaville eingesetzt, wo die Regierungsarmee eine blutige Säuberungsaktion gegen feindliche Milizen und die Zivilbevölkerung unternehme. Es handle sich bei den Söldnern möglicherweise um Angola-Veteranen, deren Kampfeinsatz ohne Wissen der kubanischen Regierung geschehe. Die Regierungen in Kuba und Kongo-Brazzaville haben den Einsatz dementiert. Dominic Johnson
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