: Das Leben auf dem Lande als Glücksvision
■ Lars Beckers Flachlandkomödie „Das Gelbe vom Ei“ ist, was der Titel verspricht (ZDF, 20.15 Uhr)
Ein Hinweis vorweg: Jedem, der kürzlich im Kino Bucks Bankrotterklärung „Liebe Deine Nächste!“ gesehen hat, sei dieser „Fernsehfilm der Woche“ als Gegenbeispiel, als gelungene deutsche Komödie besonders ans Herz gelegt.
Die Filme zu vergleichen liegt nicht nur wegen des Genres nahe, sondern auch aufgrund der Übereinstimmungen beim Personal: Heike Makatsch und Moritz Bleibtreu spielen sowohl in dem Heilsarmee-Streifen als auch in Lars Beckers lakonischem Landstück zentrale Rollen. Doch wo Buck in der Figurenzeichnung blaß bleibt, kreiert Becker Typen; wo Buck auf platte Pointen setzt, verbreitet Becker hintergründigen Humor mit fast anarchischem Charme.
Ganze sechs Hauptrollen gibt es in „Das Gelbe vom Ei“. Neben Bleibtreu und Makatsch agieren Meret Becker, Catrin Striebeck, Armin Rohde und Dietmar Bär – in bester Spiellaune. Letztere gründet sich auf ein Skript, das weiß, was (schnoddrige) Charaktere sind. So betreibt Heike Makatsch als Floris auf dem platten Land eine Tankstelle („das is 'ne freie Tankstelle, so wie der Name schon sacht“); Meret Becker und Catrin Striebeck alias Fanny und Rita stechen leicht widerwillig Spargel für Armin Rohde als trinkfesten Großbauern Heini Osdorp; Moritz Bleibtreu ist der Öko- Landwirt Toon und chronisch pleite; Dietmar Bär hingegen hat in der Rolle des Hühnerfarmerben Fredo zwar viel Geld, aber wenig Haare. Das entscheidende Qualitätsmerkmal des Films aber liegt gar nicht so sehr in einzelnen Plot- Wendungen (darunter immerhin eine Junggesellenversteigerung, ein Bank- und ein Supermarktüberfall), sondern in der Grundstimmung.
Was immer die Protagonisten gegeneinander aushecken, stets weht ein Hauch von Outlaw-Solidarität durchs Geschehen, wird das Leben auf dem Lande zur Glücksvision – und man spürt den Spaß der Darsteller: Wenn Heini Osdorp seine widerspenstigen Spargelstecherinnen auf dem Felde anraunzt („Hassu da noch 'ne Meinung, Rita?“), dann hat Armin Rohde was zu spielen. So wie Dietmar Bär, der fast an einer Gräte erstickt, um dann Spaghetti „schön al dente, mit Biß“ zu ordern.
Für den Hamburger Autor und Regisseur Becker („Schattenboxer“, „Bunte Hunde“, „Landgang für Ringo“) bedeutet „Das Gelbe vom Ei“ gleichwohl einen echten Coup. Hatte er in seinen vorangegangenen Filmen manchmal Probleme, eine einheitliche Tonart zu wahren, so stellte er hier den Krimi zugunsten der Komödie zurück. Das Ergebnis – vom ZDF immerhin als „das Komödienereignis des Jahres“ angekündigt – ist tatsächlich rund, entspannt und witzig. Besser als Buck. Peter Luley
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