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Kampf der Institutionen

■ Weil New York von Terroranschlägen heimgesucht wird, versetzt Regisseur Edward Zwick die Stadt in den „Ausnahmezustand“, der doch nur eine Lehrstunde in Sachen Rechtsstaat ist

Hollywood und Samuel P. Huntington, Leiter des John-M.-Olin- Instituts für strategische Studien an der Harvard University, haben ein gemeinsames Problem: Nach Beendigung des Kalten Krieges ist ihnen der Feind abhanden gekommen. Doch der Mann, der seine Paranoia zur Profession gemacht und in einen voluminösen Bestseller umgearbeitet hat, sann flugs auf Abhilfe. Und prompt folgen nun die Manager – deren Profession es ist, sich die Paranoia zu Unterhaltungszwecken dienlich zu machen – seiner Vorstellung, die da heißt: „The Clash of Civilizations“ (1993) oder auf deutsch: „Der Kampf der Kulturen“.

So jedenfalls scheint es, schaut man sich den Twentieth-Century- Fox-Politthriller, Edward Zwicks „Ausnahmezustand“, an. New York wird von einer Serie von Terroranschlägen heimgesucht. Ihr Urheber ist der fundamentalistische Islam in Form terroristischer Zellen, die in den Big Apple eingeschleust wurden. Ein Anschlag auf das FBI-Hauptquartier, bei dem 600 Menschen sterben, führt schließlich dazu, daß der Präsident der Vereinigten Staaten den Ausnahmezustand verhängt und in New York das Kriegsrecht herrscht. Nun läßt der sadistische und rassistische kommandierende General William Deveraux (Bruce Willis) sämtliche arabischstämmigen Männer in den Football-Stadien der Stadt internieren. Die Szenen erinnern an Chile nach dem Militärputsch oder an die Internierung der japanischen Einwanderer während des Zweiten Weltkriegs. Doch es formiert sich ziviler Widerstand in der New Yorker Bevölkerung.

Das Filmthema ist also nicht so sehr der Kampf der Kulturen als der der Institutionen von Militär und Polizei. Letztere verkörpert vom allzu edlen FBI-Mann und einsamen Verteidiger rechtsstaatlicher Verfahren, Anthony Hubbard alias Denzel Washington. Und hier liegt denn auch die Schwäche des Films. Er läuft auf eine betuliche Lehrstunde in Sachen Rechtsstaat und Demokratie hinaus. Selbst die enormen Sprengungen bringen ihn nicht in Schwung.

Dazu tut der Film so, als existierte so etwas wie eine amerikanische Außenpolitik nicht. Von ihrer Qualität ganz zu schweigen. Das Eingeständnis der Agentin Elise Kraft (Annette Bening), die Denzel Washington ständig in die Quere kommt, daß sie, also die CIA, es war, die diese Terrorkommandos ursprünglich ausgebildet hat, ist da einfach ein bißchen zu wenig.

Trotz aller verständlichen Einwände der arabischen Organisationen in Amerika (siehe taz vom 7.12.) gegen die vermeintliche antiarabische Stimmungsmache des Films: Sieht man ihn erst einmal, wünscht man sich, der Fascho- General und die fanatischen Terroristen würden ohne das rechtschaffene Kindermädchen Washington aufeinanderknallen.

Man hat einfach das Gefühl, aus dieser Konfrontation erst könnten die wahren politischen Aha-Erlebnisse erwachsen. Brigitte Werneburg

„Ausnahmezustand“. Regie: Edward Zwick. Mit Bruce Willis, Denzel Washington, Annette Bening u.a. USA 1998, 116 Minuten

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