: Vom Seminar auf die Bühne
■ Die Vorschau: Das Uni-Orchester spielt Musik „alla zingarese“
Nur wenige Völker werden so mit Vorurteilen bedacht wie die „Zigeuner“. Sie sind auf der positiven Seite ungebunden, ziehen durchs Land, machen Lagerfeuer, spielen Gitarre und tanzen. Anderseits unterstellt man ihnen, sie sie seien unordentlich, Betrüger und Diebe. Sie nennen sich selbst „Roma“ (Menschen). Verfolgt, seit sie existieren, haben sie in der europäischen Kunstmusik zahllose Spuren hinterlassen. Es sind Spuren, die von Sehnsucht und Freiheit sprechen – erinnert sei hier nur an Bizets „Carmen“ und Strauß' „Zigeunerbaron“ – Spuren, deren soziologischen Implikationen jetzt ein großes Projekt an der Bremer Universität nachgegangen ist.
Die seit drei Jahren tätige Universitätsmusikdirektorin Susanne Gläß hat von Anfang an die Konzerte, die sie vertragsgemäß mit dem Orchester der Universität machen „muß“ auf ein neues Fundament gestellt: Sie hat stets ein Thema gewählt, dieses mit anderen, auch musikfremden Studiengängen erarbeitet, im musikpädagogischen Seminar vertieft, ehe es am Ende mit einem Konzert gekrönt wurde. So auch diesmal bei der Beschäftigung mit den Roma.
Thema im Studiengang Kulturwissenschaft war die „Konstruktion von ethnischen Minderheiten in der Moderne“. Einige aus der Seminararbeit hervorgegangene kleine Artikel sind im lesenwerten Programmheft abgedruckt. „Alla zingarese“ heißt das vielverprechenden Programm, im Untertitel „die Träume der Seßhaften vom ungebundenen Leben der Fahrenden“. In den beiden Konzerten in Ottersberg und in der Glocke ist Musik von Beethoven und Franz Liszt zu hören, der sogar einmal von sich gesagt haben soll: „Ich bin der klassische Zigeuner“, so groß war seine Identifikation mit seiner ihm unbekannten Heimat Ungarn.
Mit den „Ungarischen Rhapsodien“ allerdings schuf er eigene Zigeunermelodien. Robert Schumann, Johannes Brahms, Franz Léhar, Johann Strauß: in ihrem Werk lebt sowohl die Musik der Roma weiter als auch die Vorstellung von ihr. Es singt der Universitätschor unter Heribert Langosz und es spielt das Universitätsorchester unter der Leitung von Susanne Gläß. Ute Schalz-Laurenze
Heute,20 Uhr in der Freien Rudolf Steiner-Schule in Ottersberg und morgen, Samstag, um 20 Uhr, im Großen Saal der Glocke
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen