piwik no script img

CDU-Abgeordneter geht zur AfB

■ Uwe Siefert, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, wechselt zur Wählergemeinschaft „Arbeit für Bremen“ / Schlechter Listenplatz ist der Hintergrund

Vier Monate vor der Bürgerschaftswahl ist die AfB-Fraktion noch einmal um eine Person gewachsen: Uwe Siefert, bisher arbeitsmarktpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, gab gestern seinen Übertritt zur AfB bekannt. Als Grund gab Siefert an, die Arbeitsmarktpolitik werde in der Bremer CDU zu gering geschätzt. Zum Beispiel habe die Bremer CDU sich nicht zu einer positiven Einstellung zum „Kombilohn“ durchringen können. Andere Beispiele für inhaltlichen Dissens konnte Siefert gestern nicht nennen; die Geringschätzung der Arbeitsmarktpolitik komme für ihn vor allem in seiner schlechten Plazierung auf der Bürgerschaftsliste zum Ausdruck: Mit Platz 35 hat Siefert einen wenig aussichtsreichen Platz erhalten. „Inhaltliche Differenzen als Beweggründe für einen Fraktionswechsel hat Herr Siefert in der CDU-Fraktion zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht“, erklärte Fraktionschef Ronald-Mike Neumeyer zu dem Austritt.

Mitglied der CDU war der 40jährige Siefert seit 21 Jahren. Über die „Aktion Kritischer Schüler“ hatte er zur CDU gefunden. Der gelernte Bankkaufmann fand erst spät zur Arbeitsmarktpolitik in der CDU.

Als Schatzmeister der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmer (CDA) war Siefert jüngst durch eine peinliche Lappalie in die Schußlinie gekommen. Am 18. November hatte die CDA eine Klausurtagung in der Gaststätte Wienerwald veranstaltet. Siefert hatte von den ca. 30 Teilnehmer am Ende 20 Mark pro Nase eingesammelt, um die Rechnung zu bezahlen. CDA-Vorsitzender Mathias Henkel wunderte sich Anfang Januar, daß Wienerwald die zweite Mahnung schickte und um Bezahlung bat. Er schickte seinem Schatzmeister einen bösen Fax-Brief mit der Aufforderung, umgehend die Rechnung zu bezahlen und zu erklären, was los sei. „Eine solche Zahlungsmoral ist wahrlich nicht geeignet, unserem Ansehen als CDU und als CDA in der Öffentlichkeit zu dienen“, heißt es in dem Brief. Siefert erklärte seinem CDA-Vorsitzenden nicht was los war, sondern ging am 12. Januar ins CDU-Parteihaus, um die am 18. November eingesammelten 600 Mark dort abzuliefern. Die CDU bezahlte dann die Rechnung. Von der taz auf den Vorgang angesprochen, meinte Siefert gestern, er erinnere sich nicht, wann er das Geld abgeliefert habe; die Rechnung habe er verlegt.

CDA-Chef Henkel wollte schon eine Sondersitzung des CDA-Vorstandes einberufen, um Siefert zu suspendieren, wenn der keine überzeugende Erklärung liefern könnte, meinte Henkel gegenüber der taz. Das habe sich nun erledigt. In einer öffentlich verbreiteten Erklärung wertete Henkel den Übertritt von Siefert als „Beweis für die Gesundheit der Bremer CDU und CDA“.

Als Hintergrund der merkwürdigen Geschichte werden in der CDU wirtschaftliche Schwierigkeiten von Siefert vermutet. In der Firma seines Vaters ist Siefert nicht mehr tätig, die Verwaltung von ca. 100 Wohnungen, die er bisher aus seinem Wohnzimmer betrieb, wirft soviel nicht ab. Bei der AfB verspricht sich Siefert wieder einen sicheren Listenplatz. „Ich möchte gern in der Bürgerschaft weitermachen“, erklärte er gestern auf die Frage nach seinen politischen Plänen.

Die CDU-Fraktion wurde in einer Sondersitzung über den Verlust informiert und wählte im zweiten Wahlgang Brigitte Dreyer zu ihrer neuen arbeitsmarktpolitischen Sprecherin. K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen