: „Ausländerkultur“: Beispiel Berlin
■ Die öffentliche Förderung ist dürftig, Initiativkraft gibt es trotzdem
Berlin ist die Stadt mit dem höchsten Ausländeranteil in Deutschland. Derzeit leben etwa 440.000 Bürger nichtdeutscher Herkunft in der Stadt, das sind fast 10 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur stellte 1998 für die Förderung von „Kulturaktivitäten von Bürger/innen ausländischer Herkunft“ knapp 800.000 Mark zur Verfügung. Das Gesamtvolumen des Kulturhaushalts betrug 1.047 Millionen Mark, davon standen etwa 800 Millionen zur Kulturförderung bereit. Gefördert wurden 17 Projekte der „Ausländerkultur“, den weitaus größten Betrag erhielt das türkische Theater Tiyatrom (475.000 Mark). Der Rest – zwischen 50.000 und 3.000 Mark – verteilte sich auf verschiedene Projekte afrikanischer bis albanischer Kultur.
Im Merkblatt der Senatsverwaltung wird ausdrücklich verwiesen auf den Zweck der „Belebung des interkulturellen Dialogs“ und der „Auseinandersetzung mit den verschiedenen Strömungen der Gegenwartskulturen über die Bewahrung der kulturellen Traditionen hinaus“. Im Gegensatz zu Großbritannien ist aber die Unterscheidung von einheimischer und ausländischer Kultur offensichtlich. Nicht kulturelle Vielfalt ist Leitprinzip der Förderung, sondern lediglich Anerkennung der Tatsache, daß Bürger ausländischer Herkunft auch ein wenig Kultur haben. Daß für fast 10 Prozent der Bevölkerung nur etwa 1 Promille der Kulturförderung zur Verfügung steht, spricht für sich.
Vom Status einer kulturellen „Integrationswerkstatt“ ist die Stadt noch sehr weit entfernt. Genau die schwebt aber Andreas Freudenberg, dem Leiter der „Werkstatt der Kulturen“, vor. Die „Werkstatt“, finanziert von der Sozialsenatsverwaltung, möchte Kulturtransferprozesse in Gang setzen. Nicht Förderung einzelner Projekte ist das Ziel, sondern eine Unterstützung der Veränderungsprozesse, die in den ausländischen Communities im Gange sind. Prozesse der Selbstvergewisserung, Teil einer pluralistischen Gesellschaft zu sein, in der verschiedene Einflüsse positiv aufeinander wirken. Nur so entsteht kulturelle Kreativität. maha
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