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„Wo hingelangt wird, wird auch danebengelangt“

■ Nach 100 Tagen benoten sich die Fraktionschefs von Rot-Grün im Fach „Regierungstechnik“

Bonn (taz) – „100 Jahre Rot- Grün“, hieß es gestern in der Bundespressekonferenz. Für ein derart lange Regierungszeit fiel die Bilanz der beiden Fraktionschefs von SPD und Grünen, Peter Struck und Rezzo Schlauch, doch ein wenig mager aus. Doch es war nur ein Versprecher, den sich der Leiter der Konferenz leistete.

Vielmehr gaben sich die Regierungsfraktionen Noten nach den ersten 100 Tagen: Das Bündnis für Arbeit sei auf den Weg gebracht worden, das Kindergeld erhöht, die Zuzahlung bei Medikamenten heruntergeschraubt, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wiedereingeführt und die Bildungsausgaben um eine Milliarde Mark aufgestockt worden. Außerdem habe die Regierung den „besten Außenminister seit Willy Brandt“, sagte Struck.

Nicht zuletzt sei der Einstieg in den Ausstieg aus der Atomenergie geschafft worden, meinte Rezzo Schlauch. Vor einigen Monaten hätte ein Deutschland ohne Atomstrom noch Phantasien vom Untergang des industriellen Abendlandes heraufbeschworen. „Heute geht es auch für die Betreiber nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie des Ausstiegs.“

Trotz der frohen Botschaften aus den beiden Fraktionen ließen sich einige Leistungsschwankungen nicht leugnen. Vor allem im Fach Chemie. Denn die stimmte zwischen den Koalitionären nicht immer. Nachholbedarf gebe es in der „Regierungstechnik“, gab Schlauch zu. Die Abstimmung untereinander habe nicht immer hundertprozentig geklappt. Letztlich sei aber klar: „Da, wo hingelangt wird, wird auch mal danebengelangt.“ Der Meinung war auch Struck: „Nur wer nichts tut, macht keine Fehler.“ In einem Interview räumte auch Kanzler Gerhard Schröder gestern ein, die Regierung habe sich anfangs zu viel vorgenommen und zu schnell realisieren wollen. „Dann schleicht sich der eine oder andere handwerkliche Fehler ein.“ Vielleicht war Wirtschaftsminister Werner Müllers Äußerung, die Einführung der Atomkraft könne irgendwann wieder möglich sein, so ein Fehler. Struck erklärte, er teile diese Äußerungen „überhaupt nicht“.

Bei den anstehenden großen Gesetzesvorhaben wie der ökologischen Steuerreform soll jetzt ein Gang zurückgeschaltet werden. Laut Struck gilt: „Gründlichkeit vor Schnelligkeit.“ Thorsten Denkler

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